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Historisches Kalenderblatt 11/2022
Am 2. November 1962 stellte das Schnellboot stRahl bei der Bun- desmarine im 1. Schnellbootgeschwader in Dienst. Es war die zweite Einheit die- ser aus zwei Booten bestehenden Klasse. Das Schwesterboot Pfeil hatte bereits am 27. Juni 1962 Flagge und Wimpel gesetzt. Pfeil und stRahl stellen ein besonderes Kapitel in der deutschen Schnellbootge- schichte dar. Aus taktischen wie auch aus finanziellen Überlegungen heraus machte man sich Anfang der 1960er-Jahre Gedan- ken, ob nicht auch kleinere und damit in der Unterhaltung billigere Schnellboote für die Aufgabenerfüllung der Bundesmarine möglich wären. Zunächst wurde ein Ent- wicklungsauftrag für einen 70-t-Prototyp an die beiden deutschen Werften Lürssen und Kröger vergeben, der aber dann wie- der zurückgezogen wurde, weil ausländi- sche Werften solche Schnellboote bereits in ihren Bauprogrammen vorzeigen konnten. Zum Sammeln von Erfahrung mit anderen Bauweisen, Antriebsanlagen und Waffen- systemen sowie mit dem Seeverhalten wur- den dann 1962 die beiden oben genannten kleinen Schnellboote der britischen bRave- Klasse zu Test- und Erprobungszwecken in Großbritannien beschafft.
Die beiden Schnellboote waren zwar nicht baugleich, führten aber die gleiche Typ- bezeichnung als Schnellboot Klasse 153. Sie hatten ein durchgehendes Oberdeck und relativ große Aufbauten. Die Boote verdrängten 85 und 102 t.
Das Schnellboot Strahl mit Torpedos in den Abwurfeinrichtungen
Schnellboot Strahl hohe Fahrt laufend. Neben den Brückenaufbauten sind die verlaschbaren Reservetanks zu erkennen
Der etwas kürzere Pfeil hatte als Antrieb zwei Bristol-Siddeley-Proteus-Gasturbi- nen, die mit ihren jeweils 4160 PS dem Boot über zwei Wellen eine Geschwin- digkeit von 50 kn verliehen. Auf stRahl waren drei dieser Gasturbinen vorhan- den, und das Boot lief mit drei Wellen sogar 54 kn. Die Abgase wurden jeweils über Austritte am Heckspiegel abgelei-
tet. Die Erzeugung der elektrischen Ener- gie erfolgte auf beiden Booten durch zwei Rover-Gasturbinengeneratoren. Die Ver- wendung von Gasturbinen hatte jedoch bei den beiden Schnellbooten einen sehr hohen Kraftstoffverbrauch zur Folge. Torpedorohre waren auf den Booten nicht eingerüstet. Statt dessen waren beidsei- tig der Aufbauten jeweils zwei Abwurfein- richtungen für 533-mm-Torpedos vorhan- den. Diese wurden allerdings später wie- der abgebaut. An ihren Platz kamen bei Bedarf an Oberdeck verlaschbare Reser- vetanks. An Rohrbewaffnung waren zwei 40-mm-Geschütze an Bord vorhanden. Pfeil und stRahl entsprachen jedoch nicht den Bedürfnissen der Bundesmarine, stellten am 30. September 1965 wieder außer Dienst und wurden an Griechen- land abgegeben.
Neben diesen beiden Schnellbooten kaufte seinerzeit die Bundesmarine in Norwegen zwei Einheiten der nasty- Klasse, die als huGin und Munin schon am 5. November 1960 Flagge und Wimpel gesetzt hatten. Nach eingehender Erpro- bung zeigte sich aber auch hier, dass die schnellen und wendigen Boote für das Einsatzgebiet der Bundesmarine nur als bedingt brauchbar angesehen werden konnten. Beide Boote gingen am 4. Januar 1964 wieder außer Dienst und wurden der türkischen Marine überlassen. 7
Bootsnamen
pfEil
Strahl
Typbezeichnung
Klasse 153
Klasse 153
Verdrängung
85t
102t
Länge × Breite × Tiefgang
28,96 × 7,29 × 2,16 m
30,26 × 7,29 × 2,13 m
Besatzungsstärke
22
23
Antrieb
2 × Gasturbine
3 × Gasturbine
Antriebsleistung
2×4160PS
3×4160PS
Wellen/Ruder
2/2
3/3
Geschwindigkeit
50 kn
54 kn
Fahrstrecke
400smbei40kn
460smbei50kn
Rohrwaffen
2 × 40-mm-Geschütz
2 × 40-mm-Geschütz
Torpedorohre
ohne
ohne
Torpedoabwurf- einrichtung
4
4
Elektronik
Navigations- und Fernmeldeanlagen
Navigations- und Fernmeldeanlagen
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Foto: Bundeswehr/Deutsche Marine Foto: Deutsche Marine