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Deutsche Marine
Spionage und Sabotage bei der Marine
Matthias Faermann
Bei den „Navy Talks“, einem Pressege- spräch des Inspekteurs der Marine, hat Vizeadmiral Jan Christian Kaack am 11.
Februar in Berlin mitgeteilt, dass Erkennt- nisse darüber vorliegen, dass auf „mehr als einer Einheit“ der Flotte gezielte Zer- störungsversuche vorgenommen wurden –alsoSabotageerfolgtist.Zwarnannte der Inspekteur auch auf Nachfrage keine Schiffsnamen, doch über die „Küsten- klatschwelle“ und durch Presseberichte ergibt sich folgendes Bild: Auf der Korvette EmdEn, die sich auf der Hamburger Werft
Maritim Werft an der Warnow aufhielt. Dort wurden mehrere Kabelbäume mutmaßlich mit einem Bolzenschneider durchtrennt. Zuletzt wurde bekannt, dass angeblich in Wilhelmshaven im Marinearsenal auf der Fregatte hEssEn Trinkwasser mit Altöl ver- unreinigt wurde.
In allen Fällen hat der Militärische Abschirmdienst Ermittlungen aufge- nommen, auch sind Staatsanwaltschaften bekannt, die bereits ermitteln. Man solle sich jedoch hüten, nun jede Betriebsstö- rung an Bord zu einer Spionagestory auf-
Hobbygeräte handelt, liegt auf der Hand. Vermehrt werden auch wieder Soldatin- nen und Soldaten in ihrer Freizeit mit dem Ziel von Anbahnungsversuchen fremder Dienste, teils mittels subtiler Methoden angesprochen. Ähnliche Zwischenfälle vermelden übrigens auch Partnerstaaten imOstseeraum.
Vom wem gehen diese Übergriffe aus? Ver- dachtsmomente liegen vor, jedoch noch keine stichfesten Beweise. Dazu Vizeadmi- ral Kaack: „Es weht ein scharfer Ostwind.“ Ziel dieser hybriden Angriffe ist neben der
Minenjagdboot hOmburg
Blohm+Voss befand und noch nicht durch
die Bundeswehr übernommen wurde, ist im Januar bei einer Kontrolle entdeckt worden, dass angeblich bis zu 30 kg Metallspäne in die Antriebsanlage eingebracht wurden. Dies hätte erhebliche Schäden nach sich gezogen, wenn der Anschlag nicht rechtzei- tig entdeckt worden wäre. Ebenfalls in einer Hamburger Werft, der Norderwerft, hat es einen Brand auf dem Flottendienstboot alstER gegeben, das sich zu einer planmä- ßigen Instandsetzung in der Werft befand. Es handelte sich jedoch nur um einen klei- nen Entstehungsbrand in einer Schaltta- fel, der von der Besatzung an Bord schnell gelöscht werden konnte. Schwerwiegen- der ist der Vorfall auf dem Minenjagdboot hOmBuRg, das sich ebenfalls zwecks plan- mäßiger Instandsetzung bei der Tamsen-
Korvette EmdEn in der Hamburger Werft im Mai 2023
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zublasen. Ein Muster scheint sich jedoch abzuzeichnen. Zusätzlich zu den Angrif- fen auf die maritime Infrastruktur auf dem Boden der Ostsee gibt es nun im Rahmen einer beginnenden hybriden Kriegsfüh- rung auch Übergriffe auf die Bundeswehr. Bereits im vergangenen Sommer gab es Unruhe in der Truppe, da sich an mehre- ren Standorten Eindringlinge an der Trink- wasserversorgung zu schaffen machten. Auch wurden Personen bei Ausspähver- suchen in Marinestützpunkten aufgegrif- fen, so fuhren zwei russische Fischer „aus Versehen“ in den Stützpunkt der U-Boot- waffe in Eckernförde. Intensive Drohnen- überflüge an Standorten an der Nordsee- küste sind mittlerweile fast zum Regelfall geworden – und dass es sich bei Spann- weiten von mehr als vier Metern nicht um
Informationsbeschaffung und dem Aus- spähen der deutschen Streitkräfte vor allem immer wieder das Testen der Reak- tionsfähigkeit. Die Marine hat bereits eine Reihe von Maßnahmen, die aus gutem Grund nicht näher erläutert werden, ergrif- fen, weitere folgen. Wichtig ist aber vor allem, dass jeder Bundeswehrangehörige, ob in Uniform oder Zivil, ohne in Hysterie zu verfallen ein Bewusstsein für die verän- derte Situation entwickelt und umfassend Achtsamkeit walten lässt. Der Schlendrian der Jahre, in denen es nur „Freunde“ gab, ist vorüber. Dem sollten sich vor allem die Sicherheitsverantwortlichen in den Werf- ten und Arsenalbetrieben bewusst sein – auch wenn die erforderlichen Maßnahmen erhebliche Mehrarbeit und einen größe- ren Zeitaufwand zur Folge haben. 7
Foto: Bundeswehr/Nico Theska
Foto: Bundeswehr/Ann-Kathrin Fischer