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Deutsche Marine
westlichen Schiffe aufzubauen. Beteiligt daran sind Kriegsschiffe, U-Boote, Flug- zeuge und Satelliten aller NATO-Staa- ten. Steht dieses Lagebild, wird sofort bemerkt, wer auffällige Schiffsbewegun- gen an Kritischer Infrastruktur, AIS-Unge- reimtheiten oder verdächtige Verhalten ausführt. Eine wesentliche Rolle bei der Operation kommt der Deutschen Marine zu, die mit dem neuen Ostsee-Kommando in Rostock, Commander Task Force Baltic, kurz CTF Baltic, das richtige Instrument hat, um die einzelnen Daten zusammen- zuführen. Beteiligt werden auch Kräfte der Luftwaffe, der Teilstreitkraft CIR und des Operativen Führungskommandos sein. In einem Interview mit der Zeitschrift „loyal“ äußerte sich Marineinspekteur Vizeadmi- ral Jan C. Kaack folgendermaßen: „Das Ziel ist es, die Präsenz der NATO in der östlichen Ostsee zu stärken, die Kom- munikation zwischen den Anrainerstaa-
Die EaglE S und ihre Besatzung blieben einige Monate festgesetzt. Deutlich zu sehen: der fehlende Backbord-Anker
Die Karte zeigt die hauptsächliche Route der Schattenschiffe. Über diesen Bereich erstreckt sich der Auftrag für Baltic Sentry, ein ständiges Lagebild aufzubauen
ten zu verbessern und ein umfassendes Lagebild Über- und Unterwasser zu gene- rieren. Dafür sind derzeit über 20 Schiffe, Boote, Flugzeuge und Drohnen im Ein- satz. Wir sind mit mehreren Schiffen und einem Seefernaufklärer dabei. Wir zeigen Russland damit: Wir wissen, wo ihr seid und was ihr macht.“ Parallel dazu laufen Überlegungen bei EU, NATO und nationa- len Sicherheitsbehörden, welche rechtli- chen Möglichkeiten neu zu definieren und umzusetzen sind, um „robuster“ gegen Verursacher oder Bedroher der mariti- men Infrastruktur vorzugehen. Die Deut- sche Marine hat bereits begonnen, die Einsatztauchtiefe der Minentaucher mit
view: „Als Militär wünsche ich mir einen Regelungsrahmen, der zur Bedrohungs- lage passt. Ich zitiere da mal den Minis- ter: ,Was wir nicht gebrauchen können, ist nicht zu wissen, was wir tun dürfen, wenn wir es tun müssen.‘ Und das zu jedem Zeit- punkt des Übergangs von Frieden in den Konflikt.“
Schiffe der Schattenflotte stellen eine Gefahr für Küste und See dar
Auch der Aspekt „Sicherheit auf See“ rückt zunehmend in den Fokus. Die Schattenschiffe sind alle älteren Bau-
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neuer Ausrüstung auf 84 m zu steigern. Dadurch sind sie in der Lage, Unterwas- serinfrastruktur wie die Nord Stream Pipe- line anzutauchen. Was zusätzlich auch ein Problem darstellt, ist die Tatsache, dass in Deutschland die Zuständigkeiten nicht zu den Fähigkeiten der Sicherheitsbehör- den passen. In Bezug auf den zukünftigen Schutz der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) sagte der Inspekteur im gleichen Inter-
jahres. Viele von ihnen wären ohne die Reaktivierung wegen des Ukraine- Krieges vielleicht schon beim Abwra- cker. Es ist davon auszugehen, dass die Besitzer, Betreiber oder Auftragge- ber nicht viel Geld für Instandhaltun- gen oder Zukunftsreparaturen in die Hand nehmen. Bewiesen hat sich dies beim „Knockout“ querab von Rügen am 10. Januar 2025. Auf dem unter Panama- Flagge fahrenden und einer saudischen Firma gehörenden Tanker EvEntin fiel querab Rügen schlagartig die gesamte Bordelektrik aus. Nichts ging mehr. Kein Antrieb, kein Ruder, keine Versorgung an Bord. Durch die schnelle Reaktion der deutschen Behörden und Bergungsunter- nehmen konnte das Schiff unter Leitung des Havariekommandos auf den Haken genommen und in eine sichere Position vor Sassnitz geschleppt und gesichert werden. Das Schiff war mit ca. 100 000 t Rohöl beladen und auf dem Weg vom rus- sischen Hafen Ust-Luga nach Ägypten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn es vor Rügen gestrandet oder in der engen Kadetrinne auf Grund gelau- fen wäre. Ein verunglückter Tanker würde die Ostseeküste großflächig und nach- haltig zerstören. Der Vorfall hat auch in punkto Schiffssicherheit gezeigt, dass auch der freie Seeverkehr an kritischen Stellen besser überwacht und kontrolliert werden muss.
Bleibt abzuwarten, wie sich der rechtli- che Rahmen und der Schutz von Seewe- gen verbessert. Durch die Vorfälle der letzten Jahre und Monate ist man alar- miert, und Russland wird hier nicht mehr so ungestört agieren können wie bisher. Welche nächste Eskalationsschleife sich Putin und seine Unfriedensstifter ausden- ken, bleibt abzuwarten. Als mögliches Sze- nario hörte man schon, dass die Schiffe auch als Drohnentransporter eingesetzt werden könnten, die küstennah Drohnen für unterschiedliche Aufgaben absetzen könnten. 7
Grafik: Bundeswehr
Foto: Niklas Tallqvist