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Deutsche Marine
Problem für die Sicherheit – die russische Schattenflotte
Peter Straub
Die Meldungen über Vorfälle in Verbindung mit Schiffen der russischen Schattenflotte häufen sich. Was sind das für Schiffe? Welchen Zweck haben sie, und wofür werden sie eingesetzt? Ein Versuch, die Thematik zu durchleuchten.
Die russische Volkswirtschaft stützt sich schon seit langer Zeit auf den Export ihres hauptsächlichen Produkts:
Energie in Form von Gas und Öl. Insbeson- dere der Ölexport bedingt den Schiffs- transport in die Welt hinaus. Analysten gehen davon aus, dass bereits vor dem Ukrainekrieg bis zu 50 % der russischen Staatseinnahmen aus dem Ölexport stammten. Nach Beginn des Ukraine-Krie- ges ist der Export durch Sanktionen der EU und anderen Staaten noch mehr unter Druck geraten. Eine Preisobergrenze für den Handel mit russischem Öl von 60 Dol- lar pro Barrel sollte die Gewinne für Russ- land möglichst geringhalten, nahezu die ganze EU verpflichtete sich, kein russisches Öl mehr abzunehmen oder mit EU regis- trierten Schiffen zu transportieren. Kriege sind teuer. Insbesondere der mate- rialintensive Bodenkrieg, der sich schnell
Der manövrierunfähige Tanker EvEntin liegt zwischen Binz und Sassnitz auf Reede
zum länger anhaltenden Abnutzungskrieg entwickelte, zeigte Russland, dass die Staatseinnahmen durch den Verkauf von Öl intensiviert werden mussten. Bald nach Beginn des Ukraine-Kriegs explodierte plötzlich die Nachfrage nach Öltankern und die Preise für gebrauchte, alte Tanker
waren zeitweise höher als für Neubauten. Das war der Tatsache geschuldet, dass Russland schnell und viele Schiffe brauch- te, um Öl und russische Waren zu trans- portieren. Die Schiffe wurden weltweit auf- gekauft. Recherchen verschiedener Journalisten schätzen den Wert auf rund 10 Mrd. US-Dollar, die in die Hand genom- men wurden, um Schiffe zu kaufen. Über- wiegend Tanker, aber auch Frachter. Rund 650 Schiffe rechnet man zur sogenannten „Schattenflotte“, manche sprechen auch von bis zu 1700. 230 dieser Schiffe kom- men aus Ländern, die sich auch an den Sanktionen beteiligt haben, über 100 Tan- ker wurden von griechischen Reedern an die Einkäufer verkauft, 11 Schiffe kamen auch von deutschen Reedern. Recht- lich war der Verkauf nicht verboten, man konnte sich ja immer darauf herausreden, dass man nicht wusste, was der Käufer von A nach B transportiert, und wo A eigent- lich liegt. „Pecunia non olet“, sagt ein latei- nisches Sprichwort – Geld stinkt nicht. Analysiert man die Schiffe, zeigen sich mehrere Auffälligkeiten. Alle Schiffe sind mindestens 15 bis 20 Jahre alt, in schlech- tem Wartungszustand und dubios versi- chert. Als Flaggenstaat tauchen „Billig- länder“ wie Panama, die Cookinseln,
8 Leinen los! 4/2025
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