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Doch der Krieg 1914/18 kam dazwi- schen. Der erste Neubau sollte columBus heißen und für den zweiten
wurde im Laufe des Krieges der Name des populären Feldmarschalls hinden- Burg gewählt.
Widrige Umstände
Die nach der Niederlage 1918 der Mit- telmächte dem Deutschen Reich auf- erlegten Bedingungen von Versailles führten jedoch nicht nur zu desaströsen Unruhen im Land, sondern hatten spe- ziell auch Auswirkungen auf die beiden Neubauten des NDL in Danzig. Die Sie- germächte hatten unter anderem die Auslieferung aller deutschen Handels- schiffe gefordert, auch der noch im Bau befindlichen und damit auch der beiden Schnelldampfer des Lloyd in Danzig. Diese beiden hätten die Briten zu gern gehabt. Aber einen wirklichen Zugriff auf die unfertigen Schiffe hatten sie nicht, denn laut Friedensvertrag war Danzig vom Deutschen Reich abgetrennt und als sogenannte Freie Stadt Danzig ver- selbstständigt worden. Dort verzöger- ten die Schichau-Arbeiter ganz bewusst den Weiterbau der Schiffe, der dadurch fast zum Erliegen kam. Also blieben den Briten nur Verhandlungen mit dem Nord- deutschen Lloyd.
Heraus kam dabei am 5. August 1921 das sogenannte „columBus-Abkommen“. Es sah vor, dass der Norddeutsche Lloyd da- rauf Einfluss nehmen sollte, dass zumin- dest der am weitesten fortgeschrit- tene Bau, also der der columBus, fertig wurde. Dafür durfte der Lloyd den zwei- ten Neubau für sich zu Ende bauen las-
sen und konnte zusätzlich sechs eigent- lich abzuliefernde Frachtschiffe behalten. Für die deutsche Reederei war das unter den herrschenden Umständen ein gutes Geschäft, denn die sechs Frachtschiffe bildeten den Grundstock für ihre neue Flotte, während sie mit einem Schnell- dampfer zu dieser wirtschaftlich und poli- tisch turbulenten Zeit ohnehin nichts hätte anfangen können.
So kam die columBus schließlich, auch wegen der herrschenden Material- knappheit erst 1922 als homeric unter der Flagge der britischen White Star Line in Fahrt. Die Fertigstellung des zwei- ten Neubaus, der hindenBurg, gestal- tete sich dagegen noch schwieriger. Er sollte nunmehr als neue columBus am 17. Juni 1922 vom Stapel laufen. Doch dar- aus wurde nichts, denn der Neubau blieb
auf der Ablaufbahn stecken. Erst am 12. Au- gust 1922 gelang es, den Rumpf in sein Element zu bringen. Doch der künftige Schnelldampfer hatte nicht nur das Inter- esse der Briten geweckt, sondern auch das von US-Investoren. Noch während des Baus trudelten Kaufangebote aus den USA bei der Reederei in Bremen ein, die sie jedoch alle ablehnte, da sie selbst mit dem Schiff plante.
Endlich in Fahrt
Nach der Übergabe des immer noch nicht fertigen Schiffes an die Reederei erfolgte dessen Verholung zum Techni- schen Betrieb des NDL in Bremerhaven, der den Einbau der Passagiereinrichtun- gen zu Ende brachte. Erst danach konnte am 22. April 1924 die columBus ihre Jung-
Geschichte
Schwieriger Start und tragisches Ende Schnelldampfer columbuS
Hans Jürgen Witthöft
Jede Reederei erwartet bei einer Neubaubestellung normale Baufortschritte. So war es auch beim Norddeutschen Lloyd (NDL), als er vor 1914 bei der renommierten Werft von F. Schichau in Danzig zwei 33 000 BRT große Dampfer orderte. Sie sollten auf dem Nordatlantik eine etwas zu klein geratene Antwort auf die Riesendampfer der Imperator-Klasse des Konkurrenten Hamburg-Amerika Linie sein, die es immer- hin auf rund 55 000 BRT brachten.
Am 22. April 1924 trat die cOLumBus ihre Jungfernfahrt an
Leinen los! 6/2023 31
Foto: Archiv hjw


































































































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