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Geschichte
Tanz in der Großen Gesellschaftshalle
Das Ende
Der Ausbruch des Krieges 1939 über- raschte die columBus mit nahezu 800 Fahr- gästen an Bord während einer Kreuzfahrt in der Karibik. Nach Erhalt der geheim vor- bereiteten, aber sich als teils irreführend erweisenden Warnnachrichten der Mari- neleitung, irrte Kapitän Wilhelm Dähne in den Tagen vor dem Kriegsausbruch mit seinem Schiff von Hafen zu Hafen, von Insel zu Insel umher, um vor allem die Fahr- gäste, alles Amerikaner, von Bord gehen lassen zu können sowie die Bestände an Heizöl, Frischwasser und Proviant zu ergän- zen. Das erwies sich als überaus schwierig und bedurfte langer Verhandlungen. Am 1. September konnten zunächst die Fahr- gäste in Havanna von Bord gehen, wobei sich die kubanischen Behörden sehr ent- gegenkommend zeigten.
Nach beendeter Ausschiffung versegelte die columBus mit den letzten Treibstoff- reserven nach Vera Cruz in Mexiko. Dort wurden ihr wechselnde Ankerplätze auf Reede zugewiesen, und die Besatzung begann mit der Tarnung ihres Schiffes. Immerhin gelang es mit der Zeit, die Heizölbestände nach und nach aus dem mexikanischen Tanker cuauthemoc auf- zufüllen. Während des lange sich hinzie- henden Aufenthalts standen die colum- Bus und die anderen im Hafen liegenden deutschen Schiffe immer unter Beobach- tung, sowohl durch die Zeitungen als auch durch britische Agenten.
Nach Abschluss der Tarnarbeiten und aller Vorbereitungen zur Selbstversen- kung bei einer möglichen Aufbringung durch feindliche Kriegsschiffe, erging am 14. Dezember 1939 der Befehl zum Aus- laufen aus der „Mausefalle“, die Vera Cruz aufgrund seiner geografischen Lage nun einmal war. Und tatsächlich, gleich nach Verlassen der mexikanischen Hoheitsge- wässer „begleiteten“ wechselnde ameri- kanische Zerstörer den deutschen Damp- fer. Am 19. Dezember übernahm dann der Schwere Kreuzer tuscaloosa die Beschat- tung. Alle „Begleiter“ funkten offen ihre Positionsmeldungen und damit auch die der columBus. Das geschah ganz bewusst, um britische Kriegsschiffe her- anzuführen, und das trotz offizieller ame- rikanischer Neutralität. Der Erfolg blieb nicht aus. Am 19. Dezember, kurz nach Verlassen der US-Hoheitsgewässer, näherte sich der britische Zerstörer hyPe-
rion, worauf auf dem deutschen Schiff alle sorgfältig vorbereiteten Maßnahmen in Gang gesetzt wurden, um den wertvol- len Dampfer nicht in Feindeshand fallen zu lassen.
Bald loderten an vorher festgelegten Plätzen Brände, die Flutventile wurden geöffnet und die Besatzung ging in die Boote, bis auf drei Heizer, die vermisst blieben. Der schöne Schnelldampfer columBus versank 320 sm östlich von Kap Hatteras in den Fluten. Die 567 männli- chen und neun weiblichen Besatzungs- mitglieder wurden von dem US-Kreuzer aufgenommen und von dessen Crew überaus freundlich versorgt, wie spä- tere Berichte ausdrücklich vermerkten. Die Besatzung wurde nach New York gebracht und in den USA interniert. Die meisten von ihnen kamen erst 1945 nach Kriegsende in die Heimat zurück, einige blieben im Amerika. 7
Gedeckte Tische in der I. Klasse
Die cOLumBus brennt
Leinen los! 6/2023 33
Foto: Archiv hjw Foto: Archiv NDL
Foto: Archiv NDL


































































































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