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Geschichte
17. Juni 1953:
Volkspolizei-See im Alarmzustand Küstensicherung – Kontrolle Fischkutter – Patrouillendienst in See
Ingo Pfeiffer
Im Rahmen seiner Forschung zur Volks- polizei-See (VP-See, 1952–1956) recher- chierte der Autor 1989/90 im Militärarchiv
Potsdam und Zentralen Archiv des Minis- teriums des Innern (MdI) in Berlin zum Einsatz der VP-See vom 17. bis 24. Juni 1953. Um die Erkenntnisse in die Ausbil- dung an der OHS VM einfließen zu las- sen, musste der Autor einen Vortrag vor Offizieren des MfS halten. 1990 kam das Thema in der Zeitschrift „Militärwesen“ und „Ostsee-Zeitung“ zur Veröffentli- chung, 1991 im „MarineForum“.
Bestand VP-See
1953 gehörten zum Personal der VP-See 7492 Mann, darunter 921 Offiziere, 1022 Unteroffiziere, 2204 Offiziers- und Unter- offizieranwärter, 2285 Matrosen sowie 1060 Zivilbeschäftigte. Die VP-See ver- fügte über: Schul- und Flaggschiff ernst thälmann, Minenleg- und Räumschiff 611 (MLR Typ haBicht), 6 Räumboote (R-Boote Typ 218), 18 Küstenschutz- Boote (KS-Boote, 5 Werft), 5 Schulboote und 10 Hilfsschiffe. 8 KS-Boote wurden am 14. Juni 1952 der Hauptverwaltung Deutsche Grenzpolizei (See) überge-
ben. Unabhängig von den Ereignissen verlegte der Stab der VP-See am 15./16. Juni 1953 planmäßig seinen Dienstsitz von Berlin-Schöneweide (Schneller- straße) nach Parow, in die Unterführer- und Mannschaftsschule. Dort hatte ein Vorauskommando unter Korvettenkapi- tän Lehmann fünf Häuserblöcke für den Marinestab vorbereitet.
17. Juni, 14.30 Uhr: Alarm!
Vizeadmiral Waldemar Verner erhielt am Mittwoch des 17. Juni, 14.30 Uhr, vom MdI den Befehl, Alarm auszulösen. Für alle Marineverbände wurde Bereit- schaftsstufe I befohlen. 25 % der Schiffe standen in Sofortbereitschaft. Für den übrigen Schiffs- und Personalbestand galt eine einstündige Verfügungsbe- reitschaft. Im Stabsquartier Parow exis- tierte eine operative Führungsgruppe von 145 Offizieren und 39 Unteroffizie- ren. 19 Dienststellen der VP-See 19 gin- gen zur verstärkten Objektbewachung über. Funk- und Signalstellen (Küste) nah- men eine verstärkte See- und Luftraum- beobachtung auf und richteten sich auf Rundumverteidigung ein. Marinechef
Verner befahl, Einsatzkompanien von je 120 Mann aufzustellen. Das betraf die Seeoffiziers-Lehranstalt (Stralsund), Inge- nieuroffiziers-Lehranstalt (Rostock), Un- terführer- und Mannschaftsschule (Pa- row), U-Boot-Lehranstalt (Sassnitz), Flot- tenbasis Ost (Peenemünde), Schiffs- tammabteilung (Kühlungsborn), Bau- belehrungs- und Wirtschaftsabteilung (Wolgast). Die Nachrichtenoffiziers- Lehranstalt (Stubbenkammer) stellte einen Alarmzug von 42 Mann. Neben der Küstensicherung durch die VP-See und Grenzpolizei der DDR (See) kamen vom 17. bis 24. Juni 3217 Marineangehörige für Streifen- und Sicherungsdienste in neun Städten sowie Einrichtungen im Bezirk Rostock zum Einsatz. Dieser erfolgte in Abstimmung mit der Bezirksbehörde der VP in Rostock, VP-Kreisämtern, dem MfS und vereinzelt mit den sowjetischen Mili- tärkommandanturen.
Alarm Flottenbasis Ost
Am 18. Juni löste der Chef der Flottenba- sis Ost in Peenemünde, Kapitän zur See Friedrich Elchlepp, um 13.42 Uhr Alarm aus. 12 Minuten später meldeten die
Marschformation KVP in Berlin am 1. Mai 1952
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Fotos/Dokumente: Sammlung Pfeiffer


































































































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