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Geschichte
Die cOLumBus nach dem Umbau
fernreise nach New York antreten. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen.
Der neue Schnelldampfer war zu dieser Zeit nicht nur das schnellste, sondern auch größte Schiff der wieder entste- henden deutschen Handelsflotte. Die 236,2 m lange und 25,33 m breite colum- Bus brachte es auf eine Vermessung von 32 354 BRT und mit ihren beiden zusam- men 32 000 PS (23 536 kW) leistenden Dreifach-Expansionsdampfmaschinen auf eine Geschwindigkeit von 19 kn. Der Rumpf des Dampfers war horizontal von fünf durchlaufenden Decks durchzogen und vertikal mit 14 Schotten unterteilt. Vor der Brücke gab es drei, achtern zwei Ladeluken. Mit ihrem geraden Bug, dem schnittigen Heck und den zwei schlanken Schornsteinen wirkte die columBus abso- lut elegant, so wie man sich zu der Zeit einen Schnelldampfer vorstellte.
Die maximale Passagierkapazität betrug 475 Plätze in der I. Klasse, 630 in der II. oder Touristenklasse und 642 in der III. Klasse. 527 Besatzungsmitglieder sorgten für den Betrieb und die Sicher- heit des Schiffes sowie für das Wohler- gehen der Fahrgäste. Die Kabinen waren in dem bekannten hohen Lloyd-Standard gehalten, ebenso die Gesellschaftsräume wie Speisesäle, Rauchzimmer; Büche- rei, Sporthalle usw. – alles natürlich mit gebührenden Unterschieden zwischen den einzelnen Klassen.
Nach der schwierigen Vorgeschichte und geglückten Jungfernreise verliefen die weiteren Reisen des neuen Lloyd-Schnell- dampfers normal, von den üblichen klei- nen, häufig persönlichen Zwischenfällen in den Passagierbereichen einmal abge- sehen. Allgemein legte die Reederei Wert darauf, dass den Fahrgästen die Zeit nicht zu lang wurde. Dafür sorgten mancher- lei Einrichtungen für Zerstreuung. Einen Höhepunkt gab es im Juni 1927, als die Fahrgäste erstmals sogar einer Tonfilm- vorführung beiwohnen konnten.
Diese Filmvorführung im Juni war sicher- lich ein erfreuliches Ereignis, doch wenig später passierte dem Schiff dagegen
etwas ganz und gar Unerfreuliches. Am 2. August 1927 brach auf der Überfahrt nach New York die Steuerbordwelle, was die totale Zerstörung der Steuerbord- maschine zur Folge hatte. Da die Back- bordmaschine jedoch noch vollkommen intakt war, „humpelte“ der Dampfer nach New York und nach eingehender Unter- suchung der Seefähigkeit zurück nach Hause. Dort angekommen, wurde auf der Bremer Vulkan-Werft kurzerhand als Ersatz für die ausgefallene Maschine die 5500 PS leistende Dreifach-Expansions- maschine des Lloyd-Frachters schWaBen (Bj. 1926/7773 BRT) eingebaut. So konnte der Norddeutsche Lloyd wenigstens die Saison beenden, mit einem langsameren Schiff zwar, das aber mit seinen immer- hin noch 20 000 Psi (indizierte Leistung) 17,5 kn erreichte.
Großumbau und Modernisierung
Aber das konnte natürlich nur eine Zwi- schenlösung sein, zumal der NDL plante, seine columBus in Geschwindigkeit und Ausstattung den beiden neuen 50 000 BRT großen Schnelldampfer-Neubau- ten Bremen und euroPa anzupassen, die fast 27 kn erreichen sollten. Mit den erfor- derlichen Arbeiten wurde die Hambur- ger Werft Blohm & Voss beauftragt. Dort erhielt der prominente Kunde eine kom- plett neue Antriebsanlage aus vier Getrie- beturbinen mit einer Gesamtleistung von maximal 49 000 PS für 23 kn.
Auch die Silhouette des Schiffes wurde verändert, um sie den eleganteren Linien der Bremen und euroPa anzupassen. Die Schornsteine wurden verkürzt und erhiel- ten eine ovale Form. Besonders diese Ver- änderung der Schornsteine verlieh dem Schiff das für einen modernen Schnell- dampfer charakteristische Aussehen. Die Brücke wurde mit weitausladenden Nocken versehen, und schließlich hatten sich die Planer noch einen Trick ausge- dacht, um das Erscheinungsbild weiter zu verbessern. Ein eben über der Was-
serlinie aufgetragener leuchtender wei- ßer Passstreifen unterstrich die ohnehin schlanken Formen des Dampfers noch einmal deutlich. Darüber hinaus gab es auch im Passagierbereich wichtige Ver- änderungen. Es wurde zusätzlicher Platz für Kabinen der I. Klasse geschaffen und die Touristenklasse erhielt durch den Ein- bau entsprechender Anlagen für fließen- des Wasser in den Kabinen eine deutliche Aufwertung.
Am 14. Dezember 1929 verließ der nun mit 32 565 BRT vermessene Schnell- dampfer die Werft wieder und lief prak- tisch „wie neu“ nach New York aus, um von dort eine vielbeachtete viermonatige Weltreise anzutreten. Anschließend fuhr die columBus zusammen mit den beiden großen Schnelldampfern im Nordatlan- tik-Expressdienst des Norddeutschen Lloyd. Sie war zwar nicht so schnell wie die Bremen und euroPa, aber mit ihrem eleganten Aussehen und ihrer Geschwin- digkeit von 23 kn zählte sie zu den noblen Schiffen auf der Rennstrecke des Nordat- lantik. Ab Januar 1936 wurde das Schiff, den veränderten politischen Verhältnis- sen geschuldet, aus dem Transatlantik- Passagierdienst abgezogen und von New York aus nur noch für Kreuzfahrten einge- setzt. Dabei erfreute sich die columBus weiterhin großer Beliebtheit, nicht zuletzt deshalb, weil dem vorwiegend amerika- nischen Reisepublikum etwas geboten wurde, was viele gerade in den USA als „German Gemütlichkeit“ empfanden.
32 Leinen los! 6/2023
Sitzecke in der I. Klasse
Foto: Archiv NDL
Foto: Archiv hjw


































































































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