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Tod auf See Bark Star of bengal Jann M. Witt
Seefahrt ist gefährlich. Seit sich der erste Mensch auf das Meer wagte, haben Stürme und Stran- dungen, ebenso wie Kriege und Piraten, zahllose Todesopfer gefordert. Trotz GPS oder Radar ereignen sich auch heute noch Unglücke auf See. In dieser Serie erinnern wir an zehn maritime Katastrophen, die der neuen Ausstellung „Tod auf See” im Marine-Ehrenmal zugrunde liegen.
Geschichte
Teil 8
Am 20. September 1908 lief die Bark StAr oF BengAl in einem heftigen Sturm an der Pazifikküste Alaskas auf Grund und wurde von den Wellen zerschla- gen. Das Schiff war ein Totalverlust. 110 der 137 Besatzungsmitglieder und Passagiere kamen bei der Katastrophe ums Leben. Die StAr oF BengAl war am 3. Januar 1874 auf der Werft Harland & Wolf in Belfast, die später als Bauwerft der titAnic Berühmtheit erlangte, vom Stapel gelaufen. Auftragge- berwardieLondonerReedereiJ.P.Corry & Co., die auch als „The Star Line“ bekannt war, da alle Schiffe in ihrem Besitz einen Namen erhielten, der das Wort „Star“ beinhaltete. Der aus Eisen gebaute Drei- master war 80,15 m lang, 12,26 m breit und ursprünglich als Vollschiff getakelt. Die Bark war mit 1877 Registertonnen vermes- sen und hatte ursprünglich eine Besatzung von etwa 30 Mann.
Mehr als 20 Jahre lang transportierte die StAr oF BengAl Fracht und Passagiere für J. P. Corry & Co. In diesen Jahren verän- derte sich die Handelsschifffahrt von Grund auf. Mit der Entwicklung wirtschaft- licher und zuverlässiger Maschinenanlagen begannen seit den 1870er-Jahren Fracht- dampfer die traditionellen Segelschiffe immer mehr zu verdrängen. Der wich-
Die StAr oF BengAl sank am 20. September 1908, zerbrach in drei Teile und war ein Totalverlust
tigste Vorteil der Dampfschiffe war die bessere Berechenbarkeit der Reisedauer und damit die Möglichkeit, Waren erstmals pünktlich und regelmäßig zu transportie- ren – ein überaus bedeutsamer Faktor in einer zunehmend industrialisierten Welt. AuchdieReedereiJ.P.Corry&Cobegann, ihre Segelschiffe durch Frachtdampfer zu ersetzen, und so wurde die StAr oF Ben- gAl 1898 an das Handelshaus J. J. Smith & Co aus San Francisco verkauft. Auf Routen, bei denen der Zeitfaktor weniger stark ins Gewicht fiel, konnten Segelschiffe den Vor- teil ihrer geringeren Betriebskosten wei-
Das Rufzeichen des Frachtseglers war MRCH
Untergang: Die aus Eisen gebaute Bark zerschellte an der Pazifikküste Alaskas
ter ausspielen. Zudem war der Bedarf an Frachttonnage entlang der US-Pazifikküste durch den Goldrausch von Klondike und Nome so rasant angestiegen, dass die dort ansässigen Handelsfirmen und Reedereien in Europa eine große Zahl von gebrauch- ten Handelsschiffen ankauften und sie um Kap Hoorn herum an die nordamerikani- sche Pazifikküste brachten. In San Fran- cisco angekommen, wurde die StAr oF Ben- gAl einer Generalüberholung unterzogen und vom Vollschiff zur Bark umgetakelt, um die notwendige Besatzung auf 17 Mann zu reduzieren und so die Betriebskosten zu
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