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Geschichte
Stabsgebäude NVR mit Konferenz-, Arbeits- und Ruheräumen
gemeinschaftlichen Benutzung. Hone- cker verfügte über ein separates Bad und WC. Die Schlafräume für das technische Personal ähnelten Kammern in U-Boot- Mentalität, jeweils 5 dreistöckig aufge- hängte Persenning-Pritschen (Kojen) für eine Wache. Das Wartungspersonal durfte die Funktionsbereiche nur mit Filz- pantoffeln betreten, um Verschmutzun- gen zu vermeiden. Die Pantoffel waren dann 1993 begehrte Souvenirstücke. Die Kosten des Führungskomplexes 5000 betrugen 351,3 Mio. Mark. Auf die Hauptführungsstelle 5001 entfie- len 144,5 Mio. Mark. Der Kasernenkom-
und 11 Räume für elektronische Anlagen, 8 Personalruheräume und 3 Räume für Frisch- und Abwasseranlagen.
Im 3. Geschoss befanden sich die Dis- patcherzentrale, 13 Räume mit EDV- und Nachrichtentechnik, die Chiffrierzen- trale, 24 Räume operativer Bereich sowie 24 Räume mit elektro- und lufttechnischen Anlagen sowie der Wasserversorgung. Von der Dispatcherzentrale aus erfolgte die Steuerung von 346 Schutzklappen, Luken und Türen sowie 150 Meldeschleifen der Brandwarn- und Löschanlage.
Das Bauwerk hatte insgesamt 170 Arbeits- und Wohnräume, 105 technische Räume, 24 Läger (inkl. Tanklager), 22 Flure und Ver- kehrsflächen. Ohne Begleitung kundiger Mitarbeiter lief man Gefahr, sich im Laby- rinth der Gänge, Schleusen und Treppen zu verirren.
Inbetriebnahme
Nach 53-monatiger Bauzeit ging das „Objekt 5001“ im Beisein sowjetischer Spezialisten am 30. September 1983 in Betrieb. KptzS Schubert erarbeitete das Konzept für den 72-stündigen „Härte- test“. Das Bauwerk wurde in verschiede- nen Betriebs-Regimen mit Havarie-Ein- lagen gefahren. Kritik fand die unmilitä- rische Raumausstattung mit Auslegware, Holztäfelung, Tapeten und Vorhängen. Der Betrieb offenbarte auch technische Män- gel und Defizite in der Koordination der Funktionsbereiche.
Am 28. Oktober 1983 meldete der Chef Militärbauwesen/Unterbringung im MfNV, Generalmajor Wolfgang Kaiser, Minis- ter Armeegeneral Heinz Hoffmann die Einsatzbereitschaft der Hauptführungs- stelle. Hoffmann unterbreitete Honecker den Vorschlag zur Besichtigung und Aus- zeichnung verdienstvoller Bauleute und NVA-Soldaten. Am 13. Dezember 1983 begab sich Honecker mit Politbüromitglied Egon Krenz, Minister Hoffmann, Armee- general Erich Mielke (MfS) in die Haupt-
führungsstelle 5001. Kaiser erstattete Mel- dung und erläuterte die Führungszentrale mit seinen Funktionsbereichen. Der Rund- gang unter Führung von KptzS Schubert dauerte 3 Stunden, davon 40 Minuten im Bunker. Honecker war beeindruckt. Am 19. Dezember 1983 wurde die Hauptfüh- rungsstelle inkl. NVA-Personal dem MfS überstellt. Der Bunker ist nie von der Par- tei- und Staatsführung genutzt worden.
Schutzgrad
Die unterirdische Regierungszentrale war so gebaut, um die Detonation einer Per- shing 2-Rakete mit 150 Kilotonnen TNT- Äquivalent mit einer Druckwelle bis zu 2,5 Mpa (=25 kp/cm2) bei 400 m Entfernung des Epizentrums zu widerstehen.
Der Bunker bot Schutz vor Hitzewellen bis 1200 °C bei angenommener 400 m Entfernung des Epizentrums der Deto- nation mit einem Feuerball von 3500 °C. Die Stahlblech-Ummantelung des Bau- werks schützte vor elektromagnetischem Impuls von 67 kV/m, etwa vergleichbar mit der 670-fachen Kraft eines in die Erde einschlagenden Blitzes. Filtersysteme und geregelte Luftzufuhr inkl. Sauerstoff- Behälter dienten dem Schutz vor chemi- schen und bakteriologischen Kampfstof- fen. Trotz des Schutzgrades hätte der Voll- treffer einer Kernwaffe das Bauwerk funk- tionsuntüchtig gemacht.
Ausstattung
Honecker hatte einen Arbeits- und Wohnbereich von 16 m2 mit Zugang zum Eichenholz-getäfelten Konferenz- raum. Er konnte vom Schalttableau sei- nes Schreibtisches parallel mit 5 Minis- terien kommunizieren. Hinter aufklapp- baren Holzwänden waren verschieb- bare Lagetafeln angebracht. Ein langer Tisch mit gepolsterten Sesseln bot Platz für 20 Personen. Für die Führungsriege existierte ein Sondersanitärbereich zur
Gasschutztüren
Dispatcherzentrale
Lage- und Informationszentrum
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