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Freiwillige renaturieren Seegraswiesen
GEOMAR/Matthias Faermann
In Schleswig-Holstein hat die Pflanzsaison für ganz besondere Unterwassergärtner begonnen: Freiwillige Taucher bepflanzen in diesem Sommer erstmals wissenschaftlich ausgewählte Flächen, um Seegraswiesen in der Ostsee zu renaturieren.
Seegras ist ein wahres Multitalent unter Wasser. Es bietet wichtige Lebensräume für Fische und andere Lebewesen, stabilisiert das Sediment, beruhigt Wellen und filtert Krankheitser-
Christian Lieberum (l.) koordiniert am GEOMAR das Projekt zur Renaturie- rung von Seegraswiesen in der Ostsee
setzt das vom Bundesumweltministe- rium geförderte Projekt ZOBLUC an, das in diesem Jahr unter Leitung des GEO- MAR gestartet ist. ZOBLUC steht für „Zos- tera marina als Blue Carbon-Kohlenstoff-
speicher in der Ostsee“ und vereint Forschung, Schutz und Wiederher- stellung von Seegras- wiesen. Im Mittelpunkt steht die Frage, in wel- chem Umfang diese Ökosysteme als natür- liche Kohlenstoffspei- cher wirken – und wie sie gezielt gestärkt wer- den können. Das Pro- jekt ist Teil des Aktions- programms Natürlicher Klimaschutz (ANK) und wird mit rund 6 Mio. Euro vom Bund und vom Land Schleswig- Holstein gefördert.
Um der langsamen natürlichen Ausbrei- tung des Seegrases nachzuhelfen, wer- den nun ausgewählte Flächen bepflanzt und damit renaturiert. Da dies nur unter Wasser in mühevoller Handarbeit geschehen kann, haben GEOMAR-For- schende 2023 einen Pilotkurs erarbeitet und für eine kleine Gruppe erfahrener Taucher angeboten. Im Folgejahr wur- den die Schulungen auf Tauchlehrer und -lehrerinnen ausgeweitet. Nun hat der Übergang in die Fläche stattgefunden. In diesem Sommer übernehmen erst- mals fünf Nichtregierungsorganisatio- nen (NGOs) mit zahlreichen freiwilligen Tauchern und Taucherinnen in größerem Stil die Renaturierung. Sie betreuen dann neun wissenschaftlich ausgewählte Flä- chen in der schleswig-holsteinischen Ostsee, auf denen das Seegras entwe- der vollständig verschwunden oder nur noch in kleinen Resten vorhanden ist. Durch die gezielten Anpflanzungen sol-
len diese Lücken wieder gefüllt und lang- fristig vernetzt werden. Die geeigneten Flächen werden vom GEOMAR ausge- wählt und in enger Absprache mit dem schleswig-holsteinischen Umweltmi- nisterium genehmigt. Wissenschaft- lich begleitet werden die Maßnahmen unter anderem durch ein Monitoring- Programm, das Umweltbedingungen und Pflanzerfolge dokumentiert. 7
Mensch.Schifffahrt.Meer.
reger aus dem Wasser. Vor allem aber bin- det es sehr effektiv und langfristig Koh- lenstoff. Damit zählen Seegraswiesen zu den bedeutendsten natürlichen CO2-Sen- ken unserer Küstengewässer. „Seegras- wiesen sind wie unterseeische Moore“, erklärt Prof. Dr. Thorsten Reusch, Leiter des Forschungsbereichs Marine Ökolo- gie am GEOMAR. „Sie speichern Kohlen- stoff über Jahrhunderte im sauerstoffar- men Sediment – das macht sie zu einer unterschätzten, aber wirksamen Waffe im Kampf gegen den Klimawandel.“
Doch Seegraswiesen sind bedroht. Zu hohe Nährstoffeinträge und daraus resul- tierendes übermäßiges Algenwachstum, mechanische Störungen sowie steigende Wassertemperaturen haben in den ver- gangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass Seegras vielerorts verschwunden ist. Allerdings haben sich an einigen Küs- tenabschnitten die Bedingungen nach GEOMAR-Daten wieder verbessert. Hier
Christin Otto (r.), Kampagnenleiterin bei Sea Shepherd Deutschland, einer der beteiligten NGOs, stattet einen freiwilli- gen Taucher mit Seegras-Sprossen aus
Sortieren, zählen, bündeln: Die aus einer gesunden Spenderwiese gewonnenen Seegras-Sprossen werden für das An- pflanzen vorbereitet
Leinen los! 7-8/2025 25
Fotos: Sarah Uphoff/GEOMAR


































































































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