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Historisches Kalenderblatt 7-8/2025
Am 5. Juli 1965 gingen fünf U-Jagd- Nach Projektüberarbeitung begann im
schiffe vom Projekt 12.4, Typ hai, der Volksmarine in Dienst. Von ursprüng- lich 24 geplanten Schiffen kamen nur 12 bis 1966 zur Auslieferung. Die Neubauten fertigte die Peenewerft Wolgast. Dem ging eine langwierige Projektierungs- und Erprobungsphase mit konstruktiven Ände- rungen voraus, die auch aus Bekanntwer- den des Projektes resultierten. Die Reali- sierung des 1952 in Auftrag gegebenen Projektes „Kleiner U-Boot-Jäger“ bis zum endgültigen Projekt 12.4 hai war das Auf- wendigste im Marineschiffbau der DDR.
August 1964 der Serienbau des Projek- tes 12.4 M mit verbesserter Gasturbinen- anlage. Nunmehr standen auch sowjeti- sche 30-mm-Geschütze AK 230 zur Verfü- gung. Die UAW-Bewaffnung bestand aus 4 auf dem Vorschiff montierten fünfrohrigen reaktiven Wasserbombenwerfern RBU-1200 und 2 Heck-Ablaufgerüsten für konventio- nelle Wasserbomben WB-1. Für den Trans- port der WB-1 zum Ablaufgerüst befan- den sich Schienen beidseitig an Oberdeck. Die Werfer auf der Back ermöglichten das Abfeuern von Bombensalven. Die Sowjet- union lieferte die Funkmessanlage „Reja“ mit Freund-Feind-Kennanlage „Nichrom“. Das sowjetische Feuerleitsystem MR-104 konnte erst mit zweijähriger Verspätung ins- talliert werden. Für die U-Boot-Suche und Verfolgung verfügten die Schiffe über die hydroakustische Station „KLA-58“.
Zur markanten Silhouette des Schiffes gehörte der große Luft-Ansaugschacht für die Gasturbinen. Dahinter befand sich der Vierbeinmast der Funkmess-Waffenleitan- lage. Bei Turbinenfahrt war der Geräusch- pegel enorm, was den Einsatz der Hydro- akustik unterband.. Die hydroakustische Ortung war nur in Fahrt mit dem Diesel- motor (15 kn) möglich.
Das Wohndeck der Offiziere befand sich unter der Brücke im Hauptdeck. Die Unter- offiziere waren im Vorschiff unter der Zwil- lingsflak untergebracht. Das Wohndeck für Matrosen war im Achterschiff unter der Zwillingsflak. Durch die Bauart mit den geschlossenen Aufbauten, bei her- metischer Verriegelung aller Luken, war das Schiff theoretisch unsinkbar. Alle 12 Schiffe trugen Namen nördlicher Kreis- städte der DDR. 1976 wurde eine Abtei- lung (4 Schiffe) von der 1. Flottille (Peene- münde) zur 4. Flottille nach Warnemünde verlegt. Im Verlauf der Nutzungsperiode bis 1984 kam es wiederholt zu Rissen am Gehäuse der Gasturbinenanlage „Pirna 014“. Auch wurden die Ersatzteile knapp. Die Waffenleitanlage MR-14 erwies sich als sehr störanfällig. 7
U-Jagdschiff Typ Hai in voller Fahrt
Die Konstruktion der Antriebsanlage erwies sich als größtes Problem, um die vorgegebene Geschwindigkeit von 30 kn zu erreichen. Die vom Görlitzer Maschinen- bau 1957 gefertigte Versuchsanlage „Gas- turbine 4.500“ hatte konstruktive Mängel. Es gelang bis 1960 nicht, diese in Erpro- bungen zu beheben. Der Import des sow- jetischen Flugzeugtriebwerkes T-2 schei- terte. Nunmehr fiel die Entscheidung, das von der DDR-Flugzeug-Industrie entwi- ckelte Luftstrahltriebwerk TL-014 für den Einsatz auf U-Jagdschiffen zu modifizieren. Zur Erprobung baute die Peenewerft das Nullschiff Projekt 12.1V (278 t, Länge 48,7 m)
U-Jagdschiff Typ Hai mit Schnauzbart
mit Dieselmotorantrieb, 2 mal D 40 (beide Außenwellen) sowie 6 KVD 43A (Mittel- welle). Damit wurde eine Geschwindig- keit von 19,5 kn erreicht. Das Projekt ging im November 1963 als Schulboot S 1 an das Wissenschaftlich Technische Zentrum Wolgast. Parallel entstand auf dem Papier das Projekt 12.2. Zugleich begann 1961 der Bau des Vorserienschiffes V 81, vom Pro- jekt 12.3. Es kam am 11. April 1963 in Fahrt und wurde umfangreichen technischen Erprobungen unterzogen. Neu war die Antriebsanlage mit dem zur Reife gelang- ten Luftstrahltriebwerk „TL 014“. Es diente als Gaserzeuger für die auf beide Außen- wellen gekoppelten 3678 kW-Gasturbi- nen „Pirna 014“. Die Mittelwelle wurde von einem 12-Zylinder V-Motor D 40 angetrie- ben. Die Gesamtleistung betrug 8972 kW. Damit erreichte das Schiff 32 kn. Schiffs- körper, Aufbauten und Brücke erwiesen sich noch nicht als optimal. Erprobt wur- den mehrere Artilleriesysteme, das halb- automatische 45-mm-Geschütz SM-21 und 57-mm-Zwillingsgeschütz SIF-31B sowie die 25-mm-Doppellafette 2-M-3.
Technische Daten
Verdrängung
320 t
Länge × Breite
51,7m×6,60m
Geschwindigkeit
32 kn
U-Jagdschiff Projekt 12.4, Typ Hai
Besatzung
32 Mann
Leistung
8972kW(2GTje
3678 kW, 1 DM 1619 kW)
Bewaffnung
4 × 30 mm, 4 × fünfrohri- ger WB-Werfer, 2 Heck- Ablaufgerüste je 10 WB
36 Leinen los! 7-8/2025
Zeichnung: Wolfgang Kramer Foto: Sammlung Uwe Schnärz (2)