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Historisches Kalenderblatt 3/2023
Anfang 1952 kaufte der Seegrenz- benannten Einheiten als Begleit- und
schutz zwei ehemalige kanadische Korvetten der Isles-Klasse. Es handelte sich um die Einheiten dochet und FlInt, die während des Zweiten Weltkrieges im Geleit- und Küstendienst im Einsatz waren und 1947 nach Belgien verkauft worden waren. Hier sollten sie zu Fischereifahrzeu- gen umgebaut werden. Doch schon wäh- rend der Umbauphase stellte sich heraus, dass sie für diesen Zweck doch nicht so recht geeignet waren. Der Eigner gab die Schiffe wieder ab und der Seegrenzschutz konnte sie für die vorgesehene Aufgabe als Transport- und Begleitschiffe erwer- ben. Nach den entsprechenden Umbau- arbeiten kamen sie mit den Namen eIder (ex dochet) und trAVe (ex FlInt) erneut für den Seegrenzschutz in Fahrt. Mit der Auflösung des Seegrenzschutzes gingen die beiden nach norddeutschen Flüssen
Schulschiffe Klasse 139 in die neu aufge- stellte Bundesmarine über.
Die eIder war ein Stahlschiff mit neun Abteilungen und hatte einen typischen Trawler-Schiffskörper. Der Schiffsentwurf der 1942 gebauten Korvette basiert auf einem Walfängerbootstyp. Die Antriebs- anlage, ein Zylinderdampfkessel mit drei Flammrohren für Ölfeuerung sowie einer Dreizylinder-Kolbendampfmaschine von 750 PS, war sehr zuverlässig und gab dem Schiff eine Höchstgeschwindig- keit von fast 13 kn, die jedoch nur für eine beschränkte Zeit durchgehalten werden konnte. Aus Kostengründen verzichtete der Seegrenzschutz darauf, diese unmo- derne Anlage durch eine Motorenanlage zu ersetzen. Zur Verbesserung der Manö- vriereigenschaften wurde jedoch ein Pleugerruder eingebaut. Dies bestand
aus einem in das Ruder- blatt eingebauten Pro- peller mit elektrischem Antrieb. Die Einrichtung bot auch den Vorteil, dass das Schiff ohne Ein- satz der Hauptmaschine mit ca. 5 kn Fahrt äußerst wirtschaftlich betrieben werden konnte.
Bereits 1956 erhielten die ersten Offizieran- wärter der Bundesma- rine auf der nun als Schul- schiff eingesetzten eIder ihre seemännische Aus- bildung. In dieser Funk- tion waren eIder und ihr Schwesterschiff trAVe die ersten deutschen Mari- neeinheiten, die nach dem Krieg wieder aus- ländische Häfen anliefen. Im Sommer 1957 hatte eIder eine besondere und aus dem normalen Rahmen fallende Ver- wendung. Bei der ers- ten Flottenübung der Bundesmarine, die die Bezeichnung „See- wolf“ trug, war sie Flot- tenflaggschiff. In Haupt- funktion diente die eIder aber als Schulschiff. Bei der Marineunterwasser- waffenschule in Eckern- förde kam sie als Schul-
Minenwurf- und Lichtboot /tender eider
Bordnummer
A50,y1663
Typbezeichnung
Klasse 139, Klasse 752
Bauwerft
G.T. Davie, Lauzon, Kanada
Baudaten
Stapellauf
in Dienst
26.06.42
13.11.42, 01.03.53, 01.07.56
Verdrängung
845 t, 903 t (nach Umbau)
Länge × Breite × Tiefgang
53,90 × 8,38 × 3,97 m
Besatzungsstärke
20 (Stammpersonal), 60 (Kadetten)
Antrieb
1 × Dampfmaschine, 1 × Pleugerruder
Antriebsleistung
1×750PS, 1×134kW
Wellen/Ruder
1/1
Geschwindigkeit
13 kn/5 kn
Fahrstrecke
3700 sm bei 11,5 kn
Rohrwaffen
2 × 20-mm-Geschütz (zeitweise)
Elektronik
Radar, Navigations- und Fernmeldeanlagen
Ausrüstung
Minenwurfeinrichtung, 2 × 3-t-Drehkran
Verbleib
am 06.04.78 außer Dienst gestellt, 1982 abgewrackt
32 Leinen los! 3/2023
Die Dreizylinder-Kolbendampfmaschine der eider hatte eine Leistung von
750 PS, war im Betrieb sehr zuverläs- sig und gab dem Schiff eine Höchstge- schwindigkeit von 13 kn
boot zum Einsatz. Ab Januar 1968 fuhr sie dann in gleicher Funktion bei der Minen- taucherkompanie. Schon ein Jahr später erfolgte ein größerer Umbau zum Minen- wurf- und Lichtboot Klasse 752 mit jetzt 903 t Verdrängung. Das Werfen und Ber- gen von Übungsminen wurde nun unter ziviler Besatzung ihre neue Hauptaufgabe. Auf der eIder wurden Lehrgangsteilneh- mer im Umgang mit Seeminen ausge- bildet. Gleichzeitig war sie auch Ausbil- dungsfahrzeug für Minentaucher und Kampfschwimmer. Im April 1978 ging die eIder nach 25 Jahren unter den Dienstflag- gen von Seegrenzschutz und Bundesma- rine außer Dienst.
Nach einer Aufliegerzeit im Marinearsenal Wilhelmshaven erfolgte im April 1982 der Verkauf des letzten Schiffes der Bundes- marine mit Kolbendampfmaschine. Wäh- rend das Schiff selbst den Weg alten Eisens gehen musste und verschrottet wurde, blieb die Dampfmaschine der Nachwelt erhalten. Sie steht heute als Exponat in der Wehrtechnischen Studiensammlung des Bundesamtes für Ausrüstung, Infor- mationstechnik und Nutzung der Bundes- wehr, früher Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, in Koblenz. 7
Foto: hkr


































































































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