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Geschichte
Schlagzeilen. Das Schiff stand mit seiner sechsköpfigen polnischen Besatzung vor der Küste Cornwalls, als der Rudergänger durch einen Unfall stürzte und bewusst- los liegenblieb. Unbemerkt von der rest- lichen Besatzung nahm das Schiff in gro- ber See Kurs auf die an Untiefen reiche Küste. Die Landzunge Land´s End ist auf- grund seiner Stürme berüchtigt; unzäh- lige Schiffswracks säumen die Küste. Der südwestlichste Zipfel von Großbritannien wurde schon von den Römern als „bole- rium“ (Heimat der Stürme) bezeich- net, während er in Kernow (Cornwall) als
einem SAR-Hubschrauber aus RAF Culd- rose, die sechs Männer per Winde abzu- bergen.
Für die Umwelt hingegen war der Stran- dungsort der RMS mülheIm eine Katas- trophe. Durch fortwährende Grundbe- rührung wurden die Tanks des Schiffes eingedrückt. Ein 500 m langer Dieselöl- teppich breitete sich aus. Weil der Wind unvermittelt weiterblies und die Brecher das Schiff immer höher auf die Klippen trieben, erklärte man die RMS mülheIm am 24.03.2003 zum Totalverlust, pumpte alle erreichbaren Betriebsstoffe ab. Der an Bord befindliche Plastikabfall bedrohte die Artenvielfalt vor der Küste und wurde per Förderband vom Oberland der Gam- per Bay schrittweise geborgen. Freiwillige sammelten monatelang aus dem Wrack herausgespülte Plastikteile auf Bagger- schuten ein. Als Wijsmuiler Salvage am 29. Mai 2003 die Entsorgungsarbeiten als beendet erklärte, verblieb die RMS mül- heIm als schauriges Denkmal zurück. Hun- derte Schaulustige waren seit der Stran- dung nach Land´s End gekommen, fin- dige Bauern hatten kurzerhand Teile ihrer Felder in kostenpflichtige Parkplätze ver- wandelt! Ein schwerer Herbststurm ließ das Schiff am 07. Oktober 2003 in zwei Teile zerbrechen. Das Achterschiff trieb in die Schlucht Castle Zawn, wo es bis heute liegt. Zwar waren die Arbeiten an der mül- heIm eingestellt worden, aber immer noch gab es Plastikabfälle und Schaumstoffe im Küstenabschnitt der Strandung. Im Sommer 2004 machten die SAS Surfers Against Sewage (Surfer gegen Abfall) darauf aufmerksam und forderten einen
Der Abstieg zum Wrack ist gefährlich
sorgsameren Umgang mit derartigen Abfällen ein.
Zwanzig Jahre nach dem Totalverlust der RMS mülheIm liegen die Überreste des Achterschiffes weiterhin in der Schlucht von Castle Zawn. Schwere Stürme haben die Struktur des Schiffes derweil weiter aufgelöst. Die schwierig zu erreichende Schlucht hat es Schrottsammlern und Plünderern seit jeher schwer gemacht, sich in großem Stil zu bedienen. Ohne- hin ist eine Ortsbegehung lebensgefähr- lich. Im Rahmen einer gut vorbereiteten Exkursion mit Wissenschaftlern einer Universität aus London entstanden die hier gezeigten Bilder. Vom Betreten des Wracks ist dringend abzuraten! 7
Blick in den völlig verwüsteten Maschinenraum
„Penn-an-Wlas“, als „Ende des Landes“ tituliert wurde. Und eben dorthin fuhr die führerlose mülheIm. Als der Steuer- mann wieder zu Bewusstsein kam, war eine Strandung nicht mehr abwendbar: Am 22.März 2003 gegen 05:00 Uhr lief das Schiff in der kleinen Bucht Gamper Bay nördlich von Maen Cliff zwischen Land´s End und Sennen Cove auf Grund. Für die Besatzung war der Strandungsort Glück im Unglück. Ein Rettungsboot der RNLI Royal National Lifeboat Institution aus Sennen Cove konnte schnell vor Ort sein. Und auch das Coastguard Cliff Team aus Land´s End. Am Unglücksort kochte der Ozean, und die Gefahr für die Retter war nicht unerheblich. Schließlich gelang es
Vor der Brücke ist der Rumpf zerbrochen, unaufhaltsam nagen die Elemente am Wrack
34 Leinen los! 3/2023


































































































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