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Geschichte
Das Unternehmen „Weserübung“
Jann M. Witt
Nach der Eroberung Polens 1939 rich- tete sich das Interesse der deut- schen militärischen Führung auf maß-
gebliches Drängen von Großadmiral Erich Raeder zunächst nach Norden. Mit der Besetzung des neutralen Norwegens wollte dieser nicht nur neue Stützpunkte für Marineoperationen im Nordatlantik gewinnen, sondern auch einem mögli- chen britischen Zugriff auf den bedeu- tenden Erzverladehafen Narvik zuvor- kommen. Damit wäre die deutsche Ver- sorgung mit militärisch unverzichtbarem schwedischen Eisenerz sichergestellt und zugleich den Alliierten der Zugang zu die- ser wichtigen Rohstoffquelle verwehrt. Außerdem sollte auch das ebenfalls neu- trale Dänemark besetzt werden, um als Landbrücke nach Norden zu dienen.
vor das große Problem, dass sie auf- grund der geografischen Gegebenhei- ten einen Großteil ihrer verfügbaren Ein- heiten einsetzen musste, um die Truppen in Norwegen anzulanden und die Nach- schubtransporte zu sichern. Dieses Vor- gehen, das nach Raeders eigenen Worten „gegen alle Regeln der Seekriegslehre“ verstieß, war für die Marine angesichts der britischen Überlegenheit zur See mit dem Risiko hoher Verluste verbunden, doch es gab keinen anderen Weg für die Beset- zung Norwegens.
Insgesamt wurden elf Kriegsschiffgrup- pen gebildet. Für die Einnahme Nor- wegens („Weserübung Nord“) waren vorgesehen: Gruppe 1 (zehn Zerstö- rer und 2.000 Mann Landungstruppen) mit dem Ziel Narvik; Gruppe 2 (Schwe-
Einschiffung der Truppen
Mit einer Weisung Hitlers vom 1. März 1940 begannen die Vorbereitungen für diese Operation, die den Decknamen „Weserübung“ erhielt. Dieses triphibisch angelegte Unternehmen, das den gleich- zeitigen Einsatz von See-, Land- und Luft- streitkräften vorsah, war die erste gemein- same Operation aller drei Wehrmachts- teile im Zweiten Weltkrieg. Die deutsche militärische Führung hoffte auf eine fried- liche Besetzung, war aber willens, jegli- chen Widerstand mit Gewalt zu brechen. Die Operation stellte die Kriegsmarine
rer Kreuzer admiRaL hippeR, vier Zerstörer und 1.700 Mann Landungstruppen) mit dem Ziel Trondheim; Gruppe 3 (Leichte Kreuzer KöLn und KönigsbeRg, Artillerie- schulschiff bRemse, zwei Torpedoboote, 1. Schnellbootflottille und 900 Mann Lan- dungstruppen) mit Ziel Bergen; Gruppe 4, (Leichter Kreuzer KaRLsRuhe, drei Tor- pedoboote, 2. Schnellbootflottille und 1.400 Mann Landungstruppen) mit dem Ziel Kristiansand und Arendal; Gruppe 5 (Schwere Kreuzer bLücheR und Lützow (ex Panzerschiff deutschLand), Leichter Kreu-
Die Karte zeigt die geplanten Abläufe der „Weserübung“
zer emden, drei Torpedoboote, 1. Räum- bootflottille, zwei Walfangboote und 800 Mann Landungstruppen) mit Ziel Oslo sowie Gruppe 6 (2. Minensuchflot- tille und eine Radfahrkompanie) mit Ziel Egersund. Die übrigen fünf Kriegsschiff- gruppen waren für die Besetzung Däne- marks („Weserübung Süd“) vorgesehen. Gleichzeitig sollten deutsche Heerestrup- pen die deutsch-dänische Grenze über- schreiten und nach Norden vorrücken. Um das Risiko von Verlusten für die Kriegs- marine zu minimieren, sollten die einge- setzten Kriegsschiffe nach der Anlandung der Truppen schnellstmöglich in die hei- matlichen Gewässer zurückverlegt wer- den. Die Fernsicherung würde durch die Schlachtschiffe schaRnhoRst und gneise- nau erfolgen. Darüber hinaus sollte die Operation „Weserübung“ durch eine Minensperre im Skagerrak und den Auf- marsch von neun U-Boot-Gruppen mit insgesamt 28 U-Booten abgesichert wer- den. Für diese als Unternehmen „Hart- mut“ bezeichnete Operation musste der Befehlshaber der U-Boote, Konteradmiral Karl Dönitz, einen Großteil seiner verfüg- baren U-Boote aus dem Atlantik abziehen.
30 Leinen los! 12/2020
Fotos/Grafik: Archiv DMB