Page 32 - LL_12_2020
P. 32
Geschichte
Luftwaffe gelang, die Festung Oscars- borg und die Küstenbatterien bis zum Abend des 9. April zu besetzen. Mit rund 24-stündiger Verspätung liefen die Lützow, die emden, das Torpedoboot möwe und mehrere Räumboote am Vormittag des 10. April 1940 in den Hafen Oslo ein und setz- ten die an Bord befindlichen Heerestrup- pen an Land.
Alles in allem war die erste Phase des Unternehmens „Weserübung“ ein Erfolg. Angesichts der mit dem Truppen- und Nachschubtransport über See verbun- denen großen Risiken, die die deutschen Streitkräfte und insbesondere die Marine notgedrungen hatten eingehen müs- sen, waren die Verluste des ersten Tages trotz der Versenkung der bLücheR und der KaRLsRuhe geringer als befürchtet. Bis zum Abend war Dänemark vollständig unter deutscher Kontrolle. Auch in Norwegen hatten die deutschen Landungstruppen bis auf Oslo an ihren Bestimmungsorten Fuß gefasst, waren allerdings auf zum Teil
Bug eines gesunkenen deutschen Zerstörers in Narvik
Sinkender Kreuzer KöniGsBerG
heftige Gegenwehr der mit großer Tapfer- keit kämpfenden norwegischen Verteidi- ger gestoßen. Zugleich begannen die von der deutschen Operation völlig überrasch- ten Alliierten nun ebenfalls, auf den deut- schen Vorstoß nach Norden zu reagieren. Der erste Schlag der Alliierten erfolgte gegen Narvik. In den frühen Morgenstun- den des 10. April passierten die fünf Zer- störer der britischen 2. Zerstörerflottille unter Captain Bernard Armitage Warbur- ton-Lee im dichten Schneegestöber die
deutschen Vorposten und griffen mit ihren Torpedos und Geschützen überraschend die im Hafen von Narvik liegenden deut- schen Zerstörer an. Zwei Zerstörer, wiLheLm heidKamp und anton schmitt, wurden ver- senkt, wobei Kommodore Bonte den Tod fand. Drei weitere Zerstörer wurden leicht beschädigt. Ebenso fielen einige in Narvik liegende Handelsschiffe den Angreifern zum Opfer. Der Gegenstoß der im Ballan- gen-Fjord und dem Herjangs-Fjord liegen- den deutschen Zerstörer zwang die Briten schließlich zum Rückzug, wobei zwei briti- sche Zerstörer vernichtet wurden. Die übri- gen drei britischen Zerstörer entkamen und versenkten bei ihrem Rückzug noch den Munitionstransporter RauenfeLs, was ein schwerwiegender Verlust für die in Nar- vik stehenden Heereseinheiten war. Später am gleichen Tag fiel der Leichte Kreuzer KönigsbeRg, der wegen Maschi- nenschadens in Bergen lag, einem Luftan- griff britischer Trägerflugzeuge zum Opfer. Das Schiff erhielt mehrere Bombentreffer, brannte aus und sank, wobei elf Mann der Besatzung starben. Am folgenden Tag wurde der zur Reparatur in die Heimat zurückbeorderte Schwere Kreuzer Lützow auf dem Rückmarsch nach Kiel durch einen Torpedo des britischen U-Bootes speaR- fisch schwer beschädigt.
In Narvik blieb die Lage angespannt. Nur drei der acht verbliebenen deutschen Zerstörer waren noch voll einsatzbereit. Brennstoff war knapp, ebenso war ein Großteil der Munition verbraucht. Nach Kommodore Bontes Tod hatte der Chef der 4. Zerstörerflottille, Fregattenkapi- tän Erich Bey, die Verbandsführung über- nommen. Am 13. April griffen die Briten erneut an. Unterstützt von Kampfflugzeu-
gen des Flugzeugträgers fuRious dran- gen das Schlachtschiff waRspite, Flagg- schiff von Vizeadmiral William Jock Whit- worth, und neun britische Zerstörer in den Ofotfjord ein. Im Verlauf eines heftigen Gefechts gingen alle deutschen Zerstö- rer verloren; sie wurden entweder von den weit überlegenen Briten vernichtet oder wegen Treiböl- und Munitionsmangels von ihren Besatzungen selbst versenkt. Auf britischer Seite wurden lediglich zwei Zerstörer beschädigt, darunter die esKimo, die durch den letzten Torpedo der geoRg thieLe ihr komplettes Vorschiff verlor. Die rund 2.600 überlebenden Besatzungs- mitglieder der deutschen Zerstörer wur- den unter dem Befehl von Fregattenkapi- tän Fritz Berger, dem Chef der 1. Zerstö- rerflottille, zum „Marineregiment Narvik“ (ab 18. April „Marine-Regiment Berger“) zusammengefasst und schlossen sich den Gebirgstruppen unter General Dietl an, die gegen die norwegischen Verteidiger kämpften. Durch den Verlust der Rauen- feLs und des Transportschiffs aLsteR litten die Deutschen unter erheblichem Muni- tions- und Nachschubmangel. Dies führte insbesondere unter den für einen Infante- rieeinsatz im Winter weder ausgebildeten noch ausgerüsteten Seeleuten zu erheb- lichen Ausfällen durch Krankheiten und Erfrierungen.
Inzwischen hatten die Alliierten Landungs- truppen eingeschifft, die in der Nähe von Narvik und Trondheim an der Küste abge- setzt werden sollten, um die deutschen Flanken anzugreifen und so die norwegi- schen Verteidiger zu entlasten. Als am 14. April alliierte Verbände bei Narvik lande- ten, gerieten die deutschen Truppen in so große Bedrängnis, dass Hitler die Stadt am
32 Leinen los! 12/2020