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Am 2. April legte Hitler den Beginn des Unternehmens „Weserübung“ für den 9. April fest. Wie es der Zufall wollte, plan- ten auch die Alliierten eine Landung in Westnorwegen, um die deutschen Erz- transporte zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Allerdings wurden die für den 5. April geplanten alliierten Opera- tionen gegen Norwegen kurzfristig auf den 8. April verschoben.
Ohne Kriegserklärung überfielen die deut- schen Marine-, Heeres- und Luftwaffen- verbände am Morgen des 9. April 1940 Dänemark und Norwegen. Trotz des stür- mischen Wetters hatten die zehn Zerstö- rer der Narvik-Gruppe unter dem Befehl von Kommodore Friedrich Bonte auf wiL- heLm heidKamp mit 2.000 Mann Gebirgs- truppen unter Führung von Generalleut- nant Eduard Dietl an Bord rechtzeitig den Eingang des Ofotfjords erreicht und nah- men Kurs auf Narvik. Als die beiden veral- teten norwegischen Küstenpanzerschiffe eidsVoLd und noRge versuchten, sich der Landung zu widersetzen, wurden sie von Bontes Zerstörern mit Torpedos versenkt. Danach konnten die deutschen Truppen ohne größeren Widerstand die Stadt Nar- vik besetzen.
Ebenso wurde Trondheim ohne größere Widerstände von der Kriegsschiffgruppe 2 unter der Führung des Kommandanten des Schweren Kreuzers admiRaL hippeR, Kapitän zur See Hellmuth Heye, einge- nommen. Dagegen eröffneten bei der Besetzung von Bergen norwegische Küs- tenbatterien das Feuer auf die Gruppe 3 unter dem Befehlshaber der Aufklä- rungsstreitkräfte, Konteradmiral Hubert Schmundt, der seine Flagge auf dem Leichten Kreuzer KöLn gesetzt hatte. Der Leichte Kreuzer KönigsbeRg und das
Artillerieschulschiff bRemse wurden durch Granattreffer beschädigt, während es an Bord des Schnellbootbegleitschiffes caRL peteRs einige Tote und Verwundete gab. Letztendlich wurden aber auch Bergen und die norwegischen Küstenbatterien von deutschen Truppen besetzt.
Bei der Besetzung von Kristiansand durch die Gruppe 4 unter dem Kommando von Kapitän zur See Friedrich Rieve, dem Kommandanten des Leichten Kreuzers KaRLsRuhe, nahmen norwegische Küsten- batterien die sich nähernden deutschen Kriegsschiffe ebenfalls unter Beschuss. Erst als die KaRLsRuhe mit ihren Geschüt- zen in das Gefecht eingriff, gelang die Einnahme der Stadt. Das Zweitziel Aren- dal dagegen wurde widerstandslos besetzt, ebenso wie Egersund, das Ziel der Gruppe 6 unter der Führung von Kor- vettenkapitän Kurt Thoma, dem Chef der 2. Minensuchflottille. Am Abend des 9. April wurde die auf dem Rückmarsch befindliche KaRLsRuhe vor Kristiansand gegen 20 Uhr durch einen Torpedotreffer des britischen U-Boots tRident so schwer beschädigt, dass das Schiff aufgegeben werden musste. Im Juli 2020 wurde das rund 13 sm vor der norwegischen Küste in 490 m liegende Wrack des Leichten Kreu- zers identifiziert und von einem Tauchro- boter untersucht.
In den frühen Morgenstunden des 9. April 1940 hatten auch die Einheiten der Kriegsschiffgruppe 5 unter dem Be- fehl von Konteradmiral Oskar Kummetz, dem Inspekteur des Torpedowesens, den Eingang des Oslofjords erreicht. Weil er keinen Widerstand erwartete, verzichtete Kummetz auf eine gründli- che Aufklärung und befahl, unverzüglich nach Oslo vorzustoßen, um die norwe-
Das beschädigte Heck der lützOW
gische Hauptstadt so schnell wie mög- lich einzunehmen.
Der kritische Punkt bei der Anfahrt auf Oslo war die Passage der durch die auf einer Insel liegende Festung Oscars- borg geschützten Döbrak-Enge. Als sich der mit geringer Geschwindigkeit fahrende deutsche Verband mit der bLü- cheR an der Spitze der engen Durchfahrt näherte, eröffneten die drei alten 28-cm- Kruppgeschütze der Festung Oscars- borg auf eine Entfernung von nur 500 m das gezielte Feuer auf das deutsche Füh- rungsschiff. Die Treffer zerstörten die Feuerleitanlage der bLücheR und lösten an Bord schwere Brände aus, die auch auf die an Deck gelagerten Munitions- vorräte und Fahrzeuge der eingeschiff- ten Soldaten übergriffen. Kurz darauf erhielt der Schwere Kreuzer zwei Treffer von einer Torpedobatterie auf der Insel Kaholm, wodurch die Maschinenanlage ausfiel. Außerhalb des Wirkungsbereichs der Festungsgeschütze ging die bLü- cheR vor Anker, doch gelang es nicht, die Brände an Bord unter Kontrolle zu brin- gen. Nach einer Explosion legte sich die bLücheR um 7.23 Uhr auf die Seite, ken- terte und sank. Mindestens 830 Besat- zungsmitglieder und Heeressoldaten fanden dabei den Tod.
Nach dem Ausfall der bLücheR hatte der Kommandant der Lützow, Kapitän zur See August Thiele, das Kommando über den deutschen Verband übernommen. Er ließ die eingeschifften Truppen an Land gehen, denen es mit Unterstützung der
Geschichte
Die Versenkung des Schweren Kreuzers Blücher im Oslofjord 1940
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