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in Fahrt und bewies auf der Ostsee sei- ne Seetauglichkeit. Zusammen mit Haff- und Flusskanonenbooten entstand so ei- ne kleine Flotte. Doch als 1848 die Dänen den Sund blockierten, wurden Stralsun- der und Rüganer wütend, organisierten eine Spendensammlung für den Kriegs- schiffbau. Das Kanonenboot Nr. 1 stre- lasund war das erste, das dann mit dem neuen Marine-Depot und weiteren Schif- fen auf dem Dänholm stationiert wurde. Die Preußische Marine war geboren. De- ren Admirale saßen in Berlin und Pots- dam, von wo aus auch die Küstenstand- orte wie Stralsund oder Danzig mit Waf- fen, Munition und Verpflegung versorgt wurden. Natürlich über den Hohenzol- lernkanal, wie er mal hieß. Der verband letztendlich das Zentrum des Reichs über Warthe, Netze, Weichsel und Nogat so- gar mit dem fernen Königsberg.
Nadelöhr Märkisches Wuppertal
„Zu dieser Zeit begann der Finowkanal aufzublühen“, berichtet Professor Hart- mut Ginnow-Merkert, Vorsitzender des Fördervereins „Unser Finowkanal“ e.V., während einer Fahrt mit dem kleinen Boot OnKel Peter. Bis zu 20.000 Schif- fe jährlich fuhren von der preußischen Hauptstadt Berlin von der Havel bis zur Oder und weiter nach Stettin. Und alle mussten sich durch das Nadelöhr quälen mit seinen 12 (heute 13) Schleusen, noch mit Handkurbel-Betrieb, um den Höhen- unterschied von 36 m zwischen Barnim- Plateau und Oder im eiszeitlichen Thorn- Eberswalder Urstromtal zu überwinden. Das erledigt bis heute das alte Schiffs- hebewerk Niederfinow von 1934. Dem-
Der am Sund gebaute Kriegsschoner strAlsund im Marinemuseum Dänholm
oder Pferden auf speziellen Pfaden ne- ben dem Kanal getreidelt, zur Unterstüt- zung vielleicht noch ein Hilfssegel; so- gar eine Oberleitung überspannte den Kanal, die kleinen Elektro-Lokomotiven den Strom lieferte. Später erst wurden Dieselmotoren eingebaut.
Die Stadt Eberswalde profitierte von dem rasanten Fortschritt und entwickelte sich zu einem Zentrum der Schwerindustrie mit Eisen- und Stahlherstellung. „Märkisches Wuppertal“ wurde sie bald genannt. Mit einem entsprechenden Warenumschlag. Selbst Stralsund als Schiffbaustandort wur- de angelaufen. Der 1960 in Boizenburg ge- baute DDR-Oldtimer-Binnenfrachter dö-
onKel Peter mit Bootsführer Peter Snaschel am Anleger vor der Ragöser Schleuse
nächst soll der Neubau in Betrieb gehen: für bis zu 110 m lange Schiffe. Auf dem Finowkanal sind wegen der Schleusen nur 35 m Länge und 5 m Breite erlaubt. Der „Finow-Maßkahn“ hatte hier 1845 seine Premiere und war damit das ers- te standardisierte Binnenschiff. Der An- trieb war vielfältig: von Menschenhand
Mitz aus Anklam macht hin und wieder im Südhafen fest. Seine Reisen können lang sein: vom Sund bis zum Niederrhein. Und ein Stück auf der alten-neuen Finowkanal- Trasse entlang. Die Fahrt mit OnKel Peter, benannt nach seinem Kapitän Peter Sna- schel, einem Fischermeister, ist mit vier Stunden wesentlich kürzer und kostet we- niger: nur 5 Euro pro Person und Stunde. Dafür bekommt man nicht nur eine präch- tige Natur-Idylle, sondern auch Industrie- und Architekturgeschichte samt Schleu- senwärter-Originale geboten. Zuletzt mit dem Gefühl, eine ganz besondere Was- serstraße erschnuppert zu haben. 7
Infos:
Prof. Hartmut Ginnow-Merkert, Vorsitzender „Unser Finowkanal“ e.V.: info@unser-finowkanal.de; www.unser-finowkanal.de. Übernachtung in Chorin,
OT Sandkrug, direkt am Großen Heiligensee (herrlicher Rundweg): Seehotel Mühlenhaus; www.seehotel-muehlenhaus.de
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Beschauliche Kanalfahrt auf dem Finowkanal
Leinen los! 10/2020 33
Foto: Wikipedia


































































































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