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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Stiller Abschied von der Liekut Vorerst letzter Neubau und ein wenig Hoffnung
Frank Behling
Die Flensburger Schiffbau-Gesell- schaft ist in schweres Fahrwasser geraten. Probleme mit der Ablieferung
von Passagierfähren haben der Werft Millionen-Verluste beschert. Eine Ree- derei aus Australien stornierte Aufträge. Am 18. April war für die neue RoRo- Fähre liekut die Werftzeit beendet. Be- gleitet von den Schleppern steiN und holteNau verließ das 210 m lange und 26 m breite Schiff ohne großen Bahnhof den Hafen der Fördestadt. Der Neu- bau mit der FSG-Nummer 781 war im Oktober als bislang letzter der traditi- onsreichen Werft vom Stapel gelaufen und gilt aktuell als der letzte eines kon- ventionellen RoRo-Schiffes einer deut- schen Werft. Nach einem technischen Stopp in Gdingen wird die liekut der Siem-Gruppe in den internationalen Chartermarkt für Frachtfähren inte- griert. Die sieben anderen Siem-Schiffe fahren derzeit für die Reedereien DFDS (Dänemark), Moby Line (Italien) und CTN (Tunesien) in Nord- und Südeuropa. Eine Woche später meldete die Werft In- solvenz in Eigenverwaltung an. Damit soll
ein Neustart ohne Altlasten ermöglicht werden. Lars Windhorst, seit 2019 Eig- ner der Werft, will sich auch künftig für die angeschlagene Flensburger Schiff- bau-Gesellschaft engagieren. „Wir wol- len gerne in die Zukunft der Werft inves- tieren, wir wollen gerne weiter engagiert bleiben“, sagte er in Flensburg.
Mit Blick auf die leeren Fertigungshal- len bei der FSG hat Windhorst aufmun- ternde Worte. „Wir stehen weiter zu un- serem Engagement bei der FSG. Unser Ziel ist es, zeitnah eine Situation zu er- reichen, in der die Werft in die Lage ver- setzt wird, Landesbürgschaften zu be- kommen“, bekräftigte Windhorst, der mit seiner Tennor Holding seit 2019 Eig- ner der Werft ist.
Für den Neustart und zur Überbrückung investierte Windhorst im Mai noch mal einen Millionenbetrag, damit Löhne und Gehälter gesichert werden konnten. Der Weg zum Insolvenzverfahren in Eigen- verwaltung war ein wichtiger Schritt, un- terstreicht Christoph Morgen, der vom Gericht eingesetzte Verwalter, der die Geschäftsführung kontrolliert. Morgen
stammt aus dem Team der Kanzlei Brink- mann & Partner, die bei deutschen Werf- ten bestens bekannt ist. In den vergange- nen Jahren hat die Kanzlei verschiedene Werften durch Krisen geführt. Dazu ge- hörten die P+S Werften, Sietas und die Elsflether Schiffswerft.
„Es gibt hier bei der FSG eine ganz gute Perspektive“, so Morgen. Zu dieser Pers- pektive gehören geplante Aufträge über vier RoRo-Fähren für die norwegische Siem-Gruppe. Diese Aufträge könnten an die Flensburger Werft im Sommer ver- geben werden. Voraussetzung ist die Lö- sung von den Altlasten, wie Investor Wind- horst erklärt. Dabei spielt er auf Verträge mit der irischen Reederei Irish Continental an. Diese Aufträge sind nicht finanzierbar. Damit aber frisches Kapital und Bürg- schaften nicht gleich wieder für Ansprü- che aus alten Verträgen abfließt, sei der Gang zum Amtsgericht der einzige Aus- weg gewesen, so Windhorst. Operativ nimmt das Duo Martin Hammer mit Jaap Klein die Arbeit auf. Hammer hat eben- falls seit Jahren Erfahrung im Schiffbau. In Flensburg soll jetzt zuerst die Grund-
Die achte RoRo-Fähre für Siem wurde auf den plattdeutschen Namen Liekut getauft. Dies bedeutet in etwa „Geradeaus“
28 Leinen los! 7-8/2020
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