Page 27 - ll_7-8_2020
P. 27
Mensch.Schifffahrt.Meer.
den Kasernenzeit beschäftigte er sich weiterhin mit Zeichnen und benutzte zunächst die Rückseite seines Kleider- spinds als Zeichenunterlage. Mit Kreide und Wischer hielt er Erinnertes fest, die Abbildungen brachte er über einen ge- wissen Spitzler, einen Marinekameraden von der priNz adalbert, an den Mann. Das Geschäft lohnte sich, denn beide konn- ten aus dem Erlös ein möbliertes Zimmer in Kiel anmieten und die fehlenden Zei- chenutensilien besorgen. Aber bloßes Zeichnen genügte Schröder-Greifswald bald nicht mehr. Während sein Kompa- gnon als Statist in einem Theater auftrat und eine Musikkapelle gründete, be- gann er, mit Ölfarben zu arbeiten. Da ihm für eine professionelle Ausbildung das Geld fehlte, fuhr er nach Hamburg, um seine Werke dem Direktor der dor- tigen Gewerbeschule und dem Mari- nemaler Franz Hünten vorzulegen. Bei- de bescheinigten ihm großes künstleri- sches Talent, zudem kaufte die Hambur- ger Seewarte eine seiner Probeskizzen. Von diesen Erfolgen ermutigt, begab er sich anschließend in seine Heimatstadt Greifswald, um vom Bürgermeister ein Stipendium zu erbitten. Da dies trotz der positiven Beurteilung aus Hamburg ab- gelehnt wurde, ging er schließlich nach Berlin, um seine Bilder dem bekannten Marine- und Landschaftsmaler Hermann Eschke vorzulegen.
Eschke, bei dem Ende der 1860er-Jah- re schon der erwähnte Carl Saltzmann studiert hatte, war begeistert und er- klärte, dass er ihn sofort als Schüler auf- nehmen wolle, wenn er sich ohne jeg- lichen Unterricht soweit gebildet habe. Damit waren die Weichen zu einer pro- fessionellen Künstlerlaufbahn gestellt. Schröder-Greifswald begann ein Stu- dium in Eschkes Schüleratelier und ver- diente sich seinen Lebensunterhalt, wenn auch ungern, mit dem Verkauf eigener Gemälde. Bald darauf gewährte ihm die Stadt Greifswald das erbetene Stipen- dium, sodass er seine Ausbildung auch ohne die Veräußerung seiner Bilder fi- nanzieren konnte. Schließlich lud Eschke ihn ein, an seinem Kaiserpanorama „Flot- tendemonstration vor Sansibar“ mitzu- arbeiten, an dessen künstlerischen Ge- staltung auch Eschkes Sohn Richard be- teiligt war. Schröder-Greifswald willig- te ein. Und bekam dabei zufällig hohen Besuch. Als er einmal in Eschkes Atelier arbeitete, trat Prinz Heinrich mit seinem Vater ein, um dem Professor seine Auf-
wartung zu machen. Überrascht, einen alten Bekannten von der Weltreise auf der priNz adalbert wiederzusehen, rief der Prinz aus: „Na Schröder, Sie großer Künstler, wie geht’s?“ Schröder-Greifswald war inzwischen tat- sächlich ein Künstler geworden. Und sei- ne Fähigkeiten sprachen sich herum. Ma- rineoffiziere kauften seine Bilder, Kriegs- schiffkommandanten luden ihn ein, zu ih- nen an Bord zu kommen und Studien vor Ort zu machen. An Ausstellungen betei- ligen konnte er sich nach eigener Aussa- ge indes kaum. Dahingegen ermöglichte ihm ein Berliner Druckereibesitzer, meh- rere Ölgemälde in Farbendruck zu veröf- fentlichen und damit seinen Kundenkreis zu erweitern. Lob dazu gab es von beru- fener Stelle. So schrieb der Marineschrift- steller und Konteradmiral Max Plüdde- mann, dass die Schiffe seemännisch rich- tig gezeichnet seien und man dem Werk nur die weiteste Verbreitung wünschen könne. Der Wunsch ging in Erfüllung. Schröder-Greifswalds Marinegemälde fanden Eingang in Bücher, Sammelmap- pen und Zeitschriften und sind heute in mehreren bedeutenden Sammlungen, darunter im Deutschen Schiffahrtsmuse- um in Bremerhaven, vertreten.
Dass sein Werk heute weitgehend ver- gessen ist, liegt vermutlich daran, dass die Marinemalerei als Steckenpferd Wil- helms II. nach 1918 nicht mehr en vogue war. Vom Niedergang dieses Genres wa- ren übrigens auch Schröder-Greifswalds weitaus berühmtere Kollegen Carl Saltz- mann, Hans Bohrdt und Willy Stöwer be- troffen. Sie, die als sogenanntes Dreige- stirn die besondere Gunst des Kaisers besessen und diesen auf mehreren Rei- sen begleitet hatten, standen ebenfalls vor einem Neuanfang und konnten nicht mehr an ihre alten Erfolge anknüpfen. Max Schröder-Greifswald starb vermut- lich 1948 in Berlin. Die Stadt war sein Le- bensmittelpunkt seit Ende der 1880er- Jahre, hier schuf er außer maritimen Motiven auch Landschaftsgemälde und Porträts. 2015 hielt Prof. Ulrich van der Heyden, ein Nachfahre des Künst- lers, im Pommerschen Landesmuse- um einen Vortrag zu dessen Leben und Schaffen und gab dessen Autobiogra- fie neu heraus. Vielleicht trägt die Pu- blikation dazu bei, sich an den Greifs- walder Schneidersohn und seine Kunst zu erinnern und ihm einen festen Platz unter den bedeutenden deutschen Ma- rinemalern zu sichern. 7
Die kaiserliche Yacht HoHenzoLLern
SMS Fürst Bismarck
SMS gneisenau
Eine Zeichnung Schröder-Greifswalds wird begutachtet
Leinen los! 7-8/2020 27