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tener Kombüse, einer kleinen Messe für die fünfköpfige Crew und einige wenige Gäste im Schiffsbauch und einem ein- ladenden Salon nebst eigener Bar im Deckshaus. Auf der zeitlosen Holzver- täfelung hängen Zeichnungen und Bil- der, die Reisende über die Jahre auf den Expeditionen des Schiffes angefertigt haben. Der eisverstärkte Rumpf des ehe- maligen Feuerschiffs prädestiniert das Schiff geradezu für nachhaltige Segel- Touren im Nordmeer. In den nordeuro- päischen Sommermonaten geht es von Tromsø nach Svalbard (Spitzbergen). Im Winter fuhr der Schoner mit dem mar- kanten roten Rumpf eine Zeit lang von den Kanarischen Inseln zu den Azoren, bzw. fungierte 2004 bis 2015 als „Ship in the Ice“. Damals lag der Schoner als Hotel im zugefrorenen Tempelfjord in Svalbard, erreichbar nur mit dem Hun- deschlitten! Der Klimawandel beendete die Karriere als Hotelschiff: das Eis trug nicht mehr.
Nur hin und wieder kehrt das Schiff in die Niederlande zurück. Wir begleiten sie diesmal nach Enkhuizen, eine knapp 1200 sm lange Reise. Bevor es losgeht, wird Dieselkraftstoff gebunkert, kommt der kleine Kühllaster des lokalen Super- markts mehrfach vorgefahren, liefert frische Lebensmittel, Obst, Gemüse, unzählige Konservendosen, Fisch und Fleisch. Und ein paar Steigen Dosen- bier, in Norwegen richtig teuer. End- lich geht es los! Wir verlassen Tromsø; auf Südkurs geht es unter Segeln nach Nordland, vorbei am satten Grün der Wiesen, die in diesen Tagen viel Regen aber auch immer wieder Sonnenschein zu sehen bekommen. An einem einzigen Tag zähle ich 17 Regenbögen! Aber es wird merklich kälter, hin und wieder über- rascht ein Schneeschauer die Wachen. Die Küche an Bord ist abwechslungs- reich, meist warm, vor allem reichhaltig. Wenn das Wetter schlechter wird, zau- bert die stets lachende Köchin irgendet- was, um die Stimmung zu heben: Toma- ten- oder Buchstabensuppe für die Wachen, mal einen köstlichen Vanille- pudding oder einen duftenden Kuchen und kannenweise heißen Kaffee. Back- schafter versorgen Rudergänger und Ausguck hin und wieder mit einer Tasse schwarzen Glücks. Bevor wir unsere Wachen antreten, greifen wir in die Obstschale, stopfen Orangen, Äpfel und Bananen ins Ölzeug. Und manch- mal ein hartgekochtes Ei oder ein paar
gekochte Kartoffeln. Vier Stunden unter freiem Himmel bei Schneeschauern kön- nen sich in die Länge ziehen. Manches Mal ist man im Ölzeug starrgefroren, wenn die Ablösung kommt. Trotz meh- rerer Lagen warmer Sachen.
Harstad im norwegischen Landkreis Troms og Finnmark lassen wir an Steu- erbord vorüberziehen, biegen dann in den Vestfjord. Dort stehen die dunk- len Berge mit ihren weißen Gipfeln kon- trastreich im türkisblauen Wasser. In der kleinen Kommune Lødingen im norwegi- schen Fylke Nordland wartet ein Wissen- schaftler der Fakultet for biovitenskap, fiskeri og økonomi (Fakultät für Biowis- senschaften, Fischerei und Ökonomie) der Universitetet i Tromsø (UiT), der uns auf den weiter westlich gelegenen Lofo-
ten Petroglyphen zeigen will. Die jung- steinzeitlichen Felsmalereien sind weit- aus weniger bekannt und nicht so deut- lich zu erkennen wie jene im norwegi- schen Alta, aber dafür größer. Vorbei am Inselchen Barøya mit dem gleichnami- gen Leuchtfeuer steuern wir für unseren Zwischenstopp einen einsamen Hafen an. Dort brechen wir auf zu unserer Wan- derung durch ein kleines Wäldchen, in dem – gut versteckt – die Petroglyphen auf uns warten. Fast viertausend Jahre trotzen Darstellungen von Elchen, Ren- tieren und Vögeln schon den Elemen- ten, werden nur ganz selten von Tou- risten besucht. Während der Wande- rung regnet es immer wieder. Ausge- dehnte Nebelschwaden mäandern über das Wasser des Vestfjords, das uns wie
Ein typisches Haus am Ufer eines Fjords
Mensch.Schifffahrt.Meer.
Ein alter Trawler in Tromsø
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