Page 32 - Leinen los! 10/2023
P. 32

Historisches Kalenderblatt 10/2023
Vor 80 Jahren, am 17. Oktober 1943, deutsche Hilfskreuzer. Mit seiner Versen- Von der Kriegsmarine 1940 requiriert
wurde der deutsche Hilfskreu- zer micHel – bei der Kriegsmarine auch als Handelsstörkreuzer 9 oder Schiff 28 geführt und bei der englischen Royal Navy als Raider H bezeichnet – in japa- nischen Gewässern auf Position 33° 39´ Nord und 130° 1´ Ost von dem ameri- kanischen U-Boot tArpON torpediert und versenkt. Von den 406 Besatzungs- mitgliedern wurden lediglich 116 Mann gerettet. Die micHel war der letzte aktive
kung endete zugleich der Handelskrieg der Kriegsmarine mit Überwasserschif- fen in Übersee.
Der Hilfskreuzer entstand auf der Dan- ziger Werft in Danzig, wo er im April als Frachtschiff BielskO für die Gdynia Ame- rica Line vom Stapel lief. Nach der deut- schen Besetzung von Polen wurde das halbfertige Schiff beschlagnahmt, dem Norddeutschen Lloyd zugewiesen und als BONN fertiggestellt.
war die BONN zunächst als Lazarettschiff vorgesehen. Entsprechende Umbauten wurden begonnen. Dieser Plan wurde jedoch schon bald wieder aufgegeben und eine weitere Verwendung als Hilfs- kreuzer eingeplant. Unter dem Namen Michel stellte das Schiff als solcher dann am 17. September 1941 unter Kapitän zur See d.R. Hellmuth von Ruckteschell in Dienst.
Die micHel hatte bei einer Länge von 132 m, einer Breite von 16,80 m und einem Tief- gang von 7,40 m eine Vermessung von 4740 BRT respektive eine Verdrängung von 10 900 t. Der Antrieb erfolgte durch zwei MAN-Acht-Zylinder-Zweitakt-Die- selmotoren mit einer Gesamtleistung von 6650 PS. Damit erreichte das Schiff eine Höchstgeschwindigkeit von 16 kn und bei 10 kn eine Fahrtstrecke von 34 000 sm. Die getarnt aufgestellte Bewaffnung der micHel bestand aus sechs 15-cm-, einem 10,5-cm- und jeweils vier 3,7-cm- und 2-cm-Geschützen. Außer- dem waren sechs 53,3-cm-Torpedorohre eingerüstet. Zwei Bordflugzeuge Typ Arado Ar 196 und ein Leichtes Schnell- boot ergänzten die Ausrüstung.
Am 9. März 1942 verließ der Hilfskreuzer Kiel und verlegte via Cuxhaven und Le Havre in sein Operationsgebiet im Süd- atlantik und Indischen Ozean. Nach 373 Tagen Einsatzdauer lief die micHel am 1. März 1943 in Yokohama ein. Insgesamt 14 Schiffe mit zusammen 94 273 BRT hatte der Hilfskreuzer versenkt. Die Besatzung wurde zum Teil abkommandiert und in Japan und Südostasien bei deutschen Dienststellen weiterverwendet. Neuer Kommandant wurde Kapitän zur See Gün- ther Gumprich, der zuvor den am 30. No- vember 1942 in Yokohama ausgebrannten Hilfskreuzer tHOr geführt hatte.
Die micHel wurde sofort nach dem Ein- laufen überholt und für eine weitere Ein- satzfahrt ausgerüstet. Schon am 21. Mai 1943 lief sie wieder aus. In Abstimmung mit dem japanischen Verbündeten wur- den die australischen Gewässer, der Indi- sche und der Pazifische Ozean als Ope- rationsgebiete vorgesehen. Aus Versor- gungsgründen musste im September der Rückmarsch nach Japan angetre- ten werden, wo das Schiff jedoch nicht mehr ankommen sollte. Auf ihrer zweiten Reise, die 149 Tage dauerte, versenkte die micHel drei Frachter mit zusammen 27 632 BRT. 7
Erster Kommandant des Schiffes war Hellmuth von Ruckteschell, der bereits Kommandant des Hilfskreuzers Widder gewesen war und große Erfahrung in der Handelskriegsführung mitbrachte
Eines der getarnt aufgestellten 15-cm-Geschütze des Hilfskreuzers micHel 32 Leinen los! 10/2023
Fotos: Bibliothek für Zeitgeschichte


































































































   30   31   32   33   34