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Historisches Kalenderblatt 10/2022
Das Schnellboot S 42 iltis holte am 15. Oktober 1992 als erstes der 20 Schnellboote der Klasse 148 Flagge und
Wimpel nieder. Schon wenige Wochen später folgte am 16. November 1992 das Schwesterboot S 52 storch. Damit war der Anfang vom Ende der deutschen Schnellboote eingeleitet.
Die Ausmusterung der Klasse 148 zog sich über zehn Jahre bis zum 16. Dezember 2002 hin. In dieser Zeit gingen je sechs Boote an Chile und an Griechenland sowie fünf Boote an Ägypten. Die übrigen drei Boote wurden der Verwertung zugeführt bzw. als Ersatz- teillager genutzt.
Gegen Ende der 1960er-Jahre wurde ein- deutig klar, dass die Bewaffnung und die Ausrüstung der reinen Torpedoschnell- boote der JAgUAr-Klasse im beginnen- den Zeitalter der Flugkörper nicht mehr der neueste Stand der Technik ist. Ebenso war ihre schiffbauliche Abnutzung zu erkennen. In der Entwicklung befanden sich Flugkörper-Schnellboote, die aber absehbar noch nicht so schnell zulau- fen konnten und auf Grund der hohen Baukosten auch nur mit zehn Einhei- ten beschafft werden sollten. Unter Ein-
Die Schnellboote S 51 häher (l.) und S 52 storch (r.) liegen am Tender längsseits. Auf den Achterschiffen ist mit den Flugkörpern EXOCET MM 38 die Hauptbewaff- nung eingerüstet
schluss der gerade in der Nachrüstung befindlichen Schnellbooten der zoBel- Klasse tat sich eine Lücke von 20 Booten auf, wenn man weiterhin 40 Schnellboote im Bestand haben wollte.
Um diese Lücke kurzfristig ohne eine lange und kostenintensive Eigenent- wicklung schließen zu können, fand man auf den internationa- len Markt mit der französischen comBAttAnte II-Klasse einen bereits bewährten Bootstyp, der den deutschen Vorstellungen in Form, Antrieb und Bewaffnung weitestgehend entsprach. Zwan- zig auf diesem Entwurf basie- rende Boote wurden bestellt und unter Einbindung der deutschen Werftindustrie als Flugkörper- Schnellboot Klasse 148 gebaut. Die Bauwerften waren Construc- tions Mécaniques de Normandie (CMN) in Cherbourg/Frankreich und die Lürssen Werft in Vege-
sack/Deutschland.
Das erste Boot setzte als S 41 am 30. Oktober 1972 Flagge und Wimpel. Mit S 60 war Mitte 1975 das Bauprogramm been-
Schnellboot S 52 storch
det. Ende 1981 erhielten die Boote zusätz- lich als Bootsnamen die Namen der Vor- gängerboote aus der JAgUAr-Klasse. Aus S 41 wurde S 41 tiger usw. bis S 60 krAnich. Ursprünglich auch als S 41-Klasse bezeich- net, setzte sich nach und nach auch die Bezeichnung tiger-Klasse durch. Die ers- ten Flugkörper-Schnellboote der Bundes- marine respektive der Deutschen Marine bildeten das 3. und 5. Schnellbootgeschwa- der in Flensburg und Olpenitz.
In Bau, Bewaffnung und Einsatztaktik auf die Ostsee optimiert, waren im Kalten Krieg die Schnellboote der Klasse 148 die Ant- wort auf die Flugkörper-Schnellboote des Warschauer Paktes, der in der damaligen Zeit bei diesem Bootstyp eine Vorreiter- rolle innehatte. Neue und verbesserte Mög- lichkeiten bei den Sensoren und Effektoren der tiger-Klasse führten zur Weiterentwick- lung der Schnellbootstaktiken. Ihnen folg- ten bald die größeren und noch leistungsfä- higeren Flugkörper-Schnellboote der Klas- sen 143 und 143A, mit denen sie über lange Jahre parallel und sich gegenseitig ergän- zend im Einsatz standen. Auch diese bei- den Klassen stellten 2004/2005 bzw. 2012 bis 2016 außer Dienst und beendeten damit die Ära der deutschen Schnellboote. 7
Schiffsdaten der Flugkörper-Schnellboote Klasse 148/tiger-Klasse
Anzahl
20
Typbezeichnung
Klasse 148
Verdrängung
264t
Länge × Breite × Tiefgang
47,00 × 7,02 × 2,66 m
Besatzungsstärke
30
Antrieb
4 × Dieselmotor
Antriebsleistung
4×3600PS
Wellen/Ruder
4/2
Geschwindigkeit
38 kn
Fahrstrecke
545smbei35kn
Flugkörper
4 × Schiff-Schiff-Flugkörper EXOCET MM 38
Rohrwaffen
1 × 76-mm-Turm,
1 × 40-mm-Geschütz
Minen
Minenschienen
Radar
Seeraumüberwachungs- radar, Feuerleitradar, Navigationsradar
Elektronik
Passiv-Aktiv Link-System, EloKa-Anlage, Navigations- und Fernmeldeanlagen
32 Leinen los! 10/2022
Foto: Deutsche Marine
Foto: hkr