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Geschichte
ten und zwei Mädchen in Landestracht waren abgestellt. Ich habe eine Einwei- sung gemacht, dass wenn die Sonne weg ist, wir schnell servicebereit sind. Unten im Foyer sammelten sich die Gäste zum Sektempfang. Musik durch die Les Hum- phreys Singers und die Soulful Dynamics, deren Hit „Coconuts from Congoville“ in aller Munde war. Das Hauptbüfett für den Bundespräsidenten und seine VIP-Gäste wartete im großen Saal. Der „Kaleu“ hatte sich zwei Tage im Kühlhaus bemüht, aus einem riesigen Steinbutt ein Schaustück herzustellen. Er wurde ein echtes Meister- werk, der Mittelpunkt des Büfetts!
Dann war die Sonne weg, schnell war mein Stand aufgebaut und servicebereit. Da setzte sich die Schar der Gäste in Bewe- gung. Vorneweg Bundespräsident Gustav Heinemann mit Frau, Willi Daume, Avery Brundage, Bundeskanzler Willy Brandt und Menschen, die ich nur aus dem Fern- seher kenne! Was mache ich nun? Ich, in erster Geige, grüße den Bundespräsiden- ten: Bootsmann Häring von der Olympia Unterstützungsgruppe, ich biete Ihnen Spezialitäten aus Schleswig-Holstein, frisch aus dem Rauch. Plötzlich steht der Gene- ralinspekteur der Bundeswehr, Admiral Armin Zimmermann, vor mir. „Na Boots- mann, um ein Bier zu bekommen, muss man wohl Bundespräsident sein“, sagt er lachend. Ich flitze los und komme mit zwei Bieren zurück. Er steht mit einem General des Heeres zusammen und fragt nach mei- nem Kommando. Nach Olympia auf Zer- störer rommel, ich Indienststellungsbesat- zung, Herr Admiral.
Das Olympiazentrum in Kiel-Schilksee mit dem gut gefüllten Hafen
Wie sich zeigte, war die Planung total aus dem Ruder gelaufen. Keiner der VIPs geht in den großen Saal zum Schaustück des Kaleu. Wir packen unsere Reste zusam- men, denn alles genutzte Material muss heute Nacht zurück nach Schilksee. Dann gehe ich mit den beiden Mädchen und drei Gasten zum Bierstand. Wir haben 72 Stunden durchgearbeitet und haben ein tolles Ergebnis erzielt. Ich danke für per- fekte Leistung und bestelle Bier. Wir trin- ken auf unser Wohl! Und ich spüre sofort den Alkohol und auch die Müdigkeit. Also los, das Material zur Küche und dann in den Transporter.
Für die Segler läuft alles gut, das Wet- ter ist perfekt, sie freuen sich über gute Winde. Am 5. September hören wir Nachrichten aus München über einen Überfall auf Sportler aus Israel. Je länger der Tag, desto schlimmer die Nachrich-
ten und Fernsehbilder. Am 6. September am späten Abend dann die Gewissheit, dass in Fürstenfeldbruck alle Geiseln, die Geiselnehmer und ein Polizist getö- tet worden sind. Die Spiele ruhen, alles ist wie gelähmt. Das israelische Team reist sofort ab. Nach dem berühmten Satz des IOC-Präsidenten „The Games must go on!“ veränderte sich in Schilksee alles. Die Leichtigkeit war weg. Schüler der Landespolizei aus Eutin übernahmen die Bewachung. Ein zweiter, sehr stabi- ler Bauzaun wurde errichtet, wer in das Gelände wollte, wurde genau kontrol- liert und registriert. Zu mir kam Leo mit einem Vertreter des NOK, einem Poli- zeiführer und einem Polizeidirektor des BGS. In meinem Apartment wurde fest- gestellt, dass von dort der beste Über- blick über das Hafenvorfeld und die Abgrenzung Richtung Strand war. Hier wird ab sofort der Schütze des BGS für 24 Stunden bis Ende der Spiele einquar- tiert! Ich bekomme Unterkunft im Olym- pia-Hotel. Das war in Ordnung!
Das Leben ging weiter, in einer sehr bewegenden Trauerfeier wurde den Opfern gedacht. Die Party in der WASA- Halle war beendet. Da die Segelregatten abgeschlossen waren, begann auch der Rückbau im Gelände. Einer der absolu- ten Höhepunkte der Kieler Olympiade war die damals weltgrößte Windjammer- Parade auf der Kieler Förde am 8. Sep- tember mit 70 Großseglern aus 17 Nati- onen. Bei perfektem Wetter waren über eine Million Zuschauer längs der Förde, um dieses Schauspiel zu sehen.
In Schilksee packten die Segler ihre Aus- rüstung zusammen, unser Personal wurde ausgedünnt, denn ab dem 11.9. waren die Spiele beendet und damit auch unser Ver- pflegungsauftrag. 7
Die Marine-Küchenbrigade im Großeinsatz, an der Spitze KptLt S. Häder
36 Leinen los! 10/2022