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Historisches Kalenderblatt 12/2025
Am 18. Dezember 1850 lief in Kiel der BrandtaucHer vom Stapel. Er war das erste prinzipiell funktionsfähige deutsche U-Boot.
Im März 1848 hatte der erste deutsch- dänische Krieg um die Zukunft der Her- zogtümer Schleswig und Holstein begon- nen. Die gegen eine Übermacht kämpfen- den Schleswig-Holsteiner erhielten Unter- stützung durch Truppen des Deutschen Bundes. Auch das Königreich Bayern stellte Soldaten bereit, um gegen Däne- mark zu ziehen. Zu ihnen gehörte der 1822 in Dillingen an der Donau geborene Wil- helm Bauer, der als Korporal in einer Feld- batterie diente.
Seit Beginn des Kriegs blockierte die däni- sche Flotte die deutschen Küsten. Weder die deutschen Staaten noch die Schles- wig-Holsteiner verfügten über die Mittel, um die dänische Seeherrschaft erfolgreich anzufechten. Da wandte sich der innovativ denkende und technisch versierte Bauer mit einer revolutionären Idee an die schles- wig-holsteinische Führung: Wenn über Wasser nichts auszurichten ist, könne man doch versuchen, den Feind unter Wasser anzugreifen. Der Plan stieß auf Zustim- mung und so wurde 1850 der Bau eines von Bauer konstruierten Unterwasserfahr- zeugs genehmigt. Das rund 8 m lange, 2 m breite und 3,75 m hohe Tauchboot wies technische Lösungsansätze auf, die es zu einem echten Vorläufer heutiger U-Boote machten. Die Besatzung bestand aus dem Rudergänger und zwei Mann, die über zwei Treträder einen Propeller bewegten und so das Boot antrieben. Eingebaute
Tanks sollten den Tauchvorgang kontrol- lieren. Bei der Annäherung an den Geg- ner sollte sich der Bootskörper vollstän- dig unter Wasser, der kleine, mit Sichtfens- ter versehene Turm am Bug dagegen – je nach Situation – knapp über oder unter der Wasseroberfläche befinden. Weil der kaum aus dem Wasser ragende Turm dem Kopf einer schwimmenden Robbe ähnelte, erhielt das Boot den Spitznamen „Eiser- ner Seehund“. Am Turm waren zwei was- serdichte Handschuhe angebracht, um die außenbords mitgeführte Sprengla- dung heimlich an Brücken oder ankernden Schiffen zu befestigen, worauf sich auch der von Bauer gewählte Name „Brandtau- cHer“ bezieht.
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Das erste deutsche Tauchboot wurde in Kiel auf der Werft von Schweffel & Ho- waldt gebaut, dem Vorläufer der späte- ren Großwerft HDW, die sich insbeson- dere mit dem Bau von U-Booten einen Namen machte. Kurz nach dem Stapel- lauf begann die Erprobung der neuar- tigen Unterseewaffe, die das dänische Blockadegeschwader umgehend veran- lasste, sich aus der Kieler Förde zurück- zuziehen.
Am 1. Februar 1851 ging das erste deut- sche U-Boot auf einer Probefahrt ver- loren. Aus Kostengründen hatte man unter anderem auf die Tauchtanks ver- zichtet sowie die Dicke der Außenhaut um die Hälfte reduziert. Durch den Wasserdruck wurden die zu schwachen Rumpfplatten eingedrückt, der Brand- taucHer schlug leck und sank auf den Grund der Kieler Förde. Aufgrund der fehlenden Tauchtanks gelang es nicht, genügend Wasser hinaus zu pumpen, um ausreichend Auftrieb für die Rück- kehr zur Wasseroberfläche zu erzeugen. Dennoch überlebten Bauer und seine zweiköpfige Besatzung das Unglück; im eiskalten Wasser warteten die drei Männer stundenlang auf den Druckaus- gleich, bis es ihnen schließlich gelang, das Tauchboot zu verlassen und sich an die Wasseroberfläche zu retten. Das Wrack des BrandtaucHers wurde 1887 geborgen und befindet sich heute im Militärhistorischen Museum der Bun- deswehr in Dresden. Ein Teilnachbau ist im Kieler Schifffahrtsmuseum zu besich- tigen. 7
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