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Rund 95 % der globalen Datenströme werden über Unterseekabel über- tragen. Stromleitungen, Öl- und Gas-
pipelines führen durch Meere, sind die Grundlage einer gesicherten Energiever- sorgung von Industrie und Gesellschaft. Vor allem in der Ostsee sind die balti- schen Staaten sowie der neue NATO- Partner Finnland aufgrund ihrer logisti- schen Insellage auf die Unterwasserin- frastruktur angewiesen. Doch gezielte Sabotageangriffe haben sich gehäuft. Als Antwort darauf wurde am 14. Januar in Helsinki bei einem Treffen der Regie- rungschefs der Ostseeanrainerstaaten der NATO gemeinsam mit dem NATO- Generalsekretär der Beginn der Opera- tion Baltic Sentry („Wächter der Ostsee“) bekannt gegeben. Baltic Sentry 2025 ist Teil der NATO enhanced Vigilant Activi- ties – eVA (Maßnahmen erhöhter Wach- samkeit) an der Nord- und Ostflanke des
Bündnisses. Die Operation steht unter dem Kommando des Joint Forces Com- mand Brunssum (JFCB), beauftragt vom Allied Command Operations (ACO). Dabei spielt das Allied Maritime Com- mand (MARCOM) die zentrale Rolle im maritimen Bereich, unterstützt vom NATO Maritime Centre for Security of Critical Undersea Infrastructure (NMCSCUI), ein bei MARCOM angesiedeltes Netzwerk- und Wissenszentrum.
Die operative Planung und Koordination des deutschen Beitrags obliegt dem Operativen Führungskommando der Bundeswehr in Berlin und Schwielow- see, das die nationale und streitkräftege- meinsame Operationsplanung, -führung und -auswertung der Bundeswehr verant- wortet. Führungsaufgaben im Bereich der Ostsee werden dem neu aufgestell- ten Stab Commander Task Force Baltic (CTFB) in Rostock übertragen. Ziel ist es,
ein abgestimmtes Lagebild aus Radar-, AIS- und Satellitendaten zu erstellen. Dazu ist auch eine Präsenz im Seegebiet mittels Schiffen, Booten, Luftfahrzeugen sowie Drohnen aller Art notwendig. Bei erkannten Zwischenfällen sind umge- hende Reaktionen wie z.B. ein Boarding erforderlich. Diese eventuellen Maßnah- men stoßen jedoch an rechtliche Gren- zen, entsprechende Optionen sind im Rahmen der EU und der jeweiligen nati- onalen Gesetzgebungen zu schaffen. In deutschen Gewässern kommt für die Marine ein weiteres Problem hinzu: Hier sind die zivilen Sicherheitsbehörden auf Länder- und Bundesebene für den Schutz Kritischer Infrastrukturen zuständig. Dazu zählt die Gefahrenabwehr gegen Sabo- tage von Unterwasserkabeln und Pipe- lines. Auch hier müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen zwingend auf den Prüfstand. 7
Deutsche Marine
Baltic Sentry
Schutz Kritischer Infrastruktur in der Ostsee
Matthias Faermann
Zu Anfang des Jahres gab es fast wöchentlich Meldungen, dass sensible Unterseekabel in der Ostsee beschä- digt wurden. So fielen zum Beispiel bei aus russischen Häfen ausgelaufenen Schiffen „zufällig“ während der Fahrt die Anker und wurden meilenweit mitgeschleift – wiederum zufällig über Daten- oder Energietrans- portkabel hinweg. Zusätzlich werden Kabel- und Offshoreinstallationen in Ost- und Nordsee regelmäßig von russischen „Forschungsschiffen“ detailliert ausgespäht.
Gipfeltreffen der NATO-Ostseeanrainerstaaten mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte in Helsinki
Leinen los! 3/2025 11
Foto: NATO