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GEO-WIRTSCHAFT
          GEO-WIRTSCHAFT
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         Fracking macht die USA stark







          Kredite bereits 2019 zunehmend erschöpft, weil die globale   tische Intervention Präsident Trumps in Riad im Vorfeld
          Nachfrage bei Erdöl schwächelte. Allerdings hat ein auf dem   der Ölförderkürzung im April entscheidend, als er und
          Weltmarkt historisch präzedenzloses Überangebot von rund   Kongressabgeordnete androhten, die US-Truppen aus Saudi
          30 Milliarden Fass Rohöl zu einem Verfall des Erdölprei-  Arabien in andere arabische Staaten (wie Qatar) zu verlegen
          ses auf zeitweise unter 20 US-Dollar geführt, bei dem nun   und womöglich das 75-jährige bilaterale Sicherheitsbündnis
          auch viele mittelgrosse Unternehmen nicht mehr wirklich   aufzukündigen.
          profitabel arbeiten können. Denn diese benötigen einen
          Erdölpreis von zumeist mehr als 35-45 US-Dollar pro Fass.
          Laut Branchenkreisen sollen nur 16 Fracking-Unternehmen   STRATEGISCHE PERSPEKTIVEN
          durchschnittliche Förderkosten von unter 35 US-Dollar pro   Die weltweite Erdölnachfrage von 100 mb/d für 2019 könn-
          Fass haben. Zeitweise war jüngst sogar erstmals ein Minus-  te nach vorläufigen Prognosen erstmals durchschnittlich um
          preis von bis zu 40 US-Dollar zu verzeichnen, sodass die Pro-  rund 10 mb/d für 2020 fallen.
          duzenten für die Abnahme ihres Erdöls die Käufer bezahlen
          mussten. Dies wird in den USA auch in den kommenden   Trotz des weltweiten Ausbaus der Elektromobilität im Trans-
          Monaten keineswegs ausgeschlossen.                  portsektor gingen bisher die International Energy Agency
                                                              (IEA) und andere globale Energieagenturen bis 2040 jedoch
          TRUMP – DROHUNGEN DES BESCHÜTZERS                   von einem weiteren Wachstum auf 121 mb/d aus, da vor
          Insofern nahm nun der Druck auf den US-Präsidenten zu,   allem die globale Nachfrage der petrochemischen Industrie
          einerseits diplomatisch vor allem auf den Verbündeten Saudi   die Verluste auf dem weltweiten Transportsektor mehr als
          Arabien hinsichtlich einer neuen OPEC+-Vereinbarung   kompensieren würden. Neuere Prognosen vor Ausbruch der
          für eine Erdölförder-beschränkung Einfluss zu nehmen;   Corona-Krise haben den Höhepunkt der weltweiten Ölnach-
          andererseits sind eine Reihe von wirtschaftlichen Unter-  frage (peak demand) zumeist um 2030 erwartet.
          stützungsmassnahmen eingeführt worden. Hierzu gehören
          nicht nur weitere Steuererleichterungen, sondern es sollen   Allerdings könnten auch die weltweiten Bemühungen zur
          auch 30 mb zusätzlich als strategische Reserven eingelagert   Reduzierung des Plastikmülls sowie Recycling auch in
          sowie weitere rund 47 mb neue US-Einlagerungskapazitäten   diesem Bereich die Erdölnachfrage stärker einbrechen lassen
          aufgebaut werden. Da allerdings die globale Erdölnachfrage   und zusammen mit der Pandemiekrise bereits ab 2025 den
          vorerst nicht wieder stärker steigen wird, dürfte sich dieses   peak demand einläuten. Die IEA geht für das 2°C-Ziel der
          Instrument schnell erschöpft haben. So war die diploma-  globalen Klimaerwärmung davon aus, dass bei einem Er-


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