Page 70 - 00 Energiestrategie 2050 Gesamtdokumentation 1.pdf
P. 70

Welche Rolle kann Wasserstoff im Verkehr spielen?



       Im Verkehr ist es auch möglich Wasserstoff als alternativen Kraftstoff zu nutzen. Er ist jedoch nur eine von
       vielen Optionen, den Verkehr zu dekarbonisieren. Setzt man auf Wasserstoff im Verkehr, ist die Nutzung in
       Brennstoffzellen in Kombination mit Elektromotoren am effizientesten. Alternativ kann Wasserstoff auch direkt
       in Motoren verbrannt werden. Dies ist jedoch deutlich ineffizienter.
       Fahrzeuge und Schiffe mit Brennstoffzellen zur Nutzung von Wasserstoff sind erst in der Entwicklung. Ähnlich
       wie bei der batterie-elektrischen Mobilität müssten entsprechende Fahrzeuge in den nächsten Jahren im Rahmen
       der Flottenerneuerung erst in den Markt kommen, bevor Wasserstoff im Verkehr umfassender genutzt werden
       kann. In mobilen Anwendungen ist es zudem notwendig, den Wasserstoff in Tanks zu transportieren. Dazu muss
       der Wasserstoff je nach Anwendungsfall aufwändig komprimiert oder durch starkes Abkühlen verflüssigt
       werden. Die direkte Nutzung von erneuerbarem Strom in batterie-elektrischen Fahrzeugen ist deutlich
       energieeffizienter, kostengünstiger und klimafreundlicher als die Nutzung von Wasserstoff. Im Straßenverkehr
       ist Wasserstoff sogar die volkswirtschaftlich teuerste Option aller alternativen Antriebe und Kraftstoffe.
       Wasserstoff im Verkehr sollte, wenn überhaupt, nur in Bereichen eingesetzt werden, in denen eine direkte
       Nutzung von erneuerbarem Strom nicht möglich ist. Dies sind insbesondere Bereiche mit einem hohen
       Energiebedarf oder großen Reichweitenanforderungen, wie beispielsweise der Seeverkehr, Flugverkehr oder
       gegebenenfalls im Straßengüterfernverkehr. In diesen Bereichen könnten jedoch alternativ zur direkten
       Wasserstoffnutzung auch Kohlenwasserstoffe oder Ammoniak genutzt werden, zu deren Herstellung wiederrum
       Wasserstoff als Ausgangsstoff eingesetzt wird.




       Welche Rolle kann Wasserstoff im Gebäudebestand spielen?


       Für die Wärmeversorgung des Gebäudebestandes gilt es generell, dass das sehr hohe Energieeffizienzpotential
       möglichst schnell zu heben und die Energienachfrage zu senken sind. Zwar ist es technisch möglich,
       Wasserstoff für das Heizen von Gebäuden in Brennstoffzellen oder auch Heizkesseln einzusetzen, jedoch gibt es
       ausreichend brennstofffreie Alternativen aus erneuerbaren Energien wie Solarthermie, Geothermie und
       Umweltwärme sowie aus unvermeidbarer Abwärme. Diese ersetzen mehr fossile Brennstoffe, sind
       energieeffizienter und mittel- bis langfristig kostengünstiger als Wasserstoff oder synthetisches Methan. Sollte
       der technisch mögliche Wechsel von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien bei den Gebäuden nicht
       gelingen und der ineffiziente Wasserstoff dann auch dort breit eingesetzt werden, sind die Energieeffizienzziele
       der Energieeffizienzstrategie 2050 kaum zu erreichen.


       Welche Rolle kann Wasserstoff in der Industrie spielen?

       Durch die Umstellung auf erneuerbare Energien kann es gelingen, die energiebedingten
       Treibhausgasemissionen im Bereich der industriellen Produktion vollständig zu vermeiden. Für den
       Klimaschutz  müssen Industrieprozesse jedoch nicht nur vollständig auf erneuerbare Energieträger umgestellt,
       sondern es muss auch ein Großteil des industriellen Anlagenparks auf treibhausgasarme Produktionsverfahren
       umgebaut und weiterentwickelt werden, um auch die rohstoff- und prozessbedingten Treibhausgasemissionen
       möglichst weitgehend zu mindern. Für einen effizienten Einsatz von Energie und natürlichen Ressourcen muss
       wie in den anderen Anwendungsbereichen (Verkehr, Gebäude) überall, wo es technisch möglich ist,
       erneuerbarer Strom direkt genutzt werden. Wasserstoff sieht das Umweltbundesamt vor allem in der Stahl- und
       Chemieindustrie. In weiteren einzelnen Prozessen werden trotz technologischen Fortschrittes noch Brennstoffe
       benötig werden. Ob hier überall Wasserstoff oder doch synthetisches Methan zum Einsatz kommen muss, ist
       noch offen.
       Für die Eisen- und Stahlerzeugung können die CO₂-Emissionen der Hochofenroute praktisch vollständig
       vermieden werden, wenn eine Umstellung auf gasbasierte Direktreduktionsverfahren erfolgt. Diese kommen
       bereits zum Einsatz unter Nutzung von Erdgas. Perspektivisch können sie mit Wasserstoff aus erneuerbaren
       Energien betrieben werden.
   65   66   67   68   69   70   71   72   73   74   75