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Stromerzeugung aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen auszugleichen. Auch andere Speichersysteme für
       Strom sind dazu denkbar und sinnvoll, etwa Batteriespeicher. Als erneuerbarer Brenn-, Kraft- und Rohstoff
       wird Wasserstoff langfristig vornehmlich in der chemischen Industrie, der Stahlindustrie sowie in Luft- und
       Schiffsverkehr und Teilen des Schwerlastverkehrs benötigt. Nicht überall kann Wasserstoff als Endenergieträger
       eingesetzt werden, beispielsweise im Luftverkehr, da Wasserstoff eine sehr geringe Energiedichte hat, wäre das
       V olumen sehr hoch für den erforderlichen Transport dieses Treibstoffes. Hier wird auch langfristig
       beispielsweise Kerosin benötigt. Dafür kann Wasserstoff aber ein wichtiger Ausgangsstoff sein, um mit
       Kohlenstoff und unter Energieeinsatz zu Kohlenwasserstoffen synthetisiert – das heißt mit viel Energie wird
       Wasserstoff aus Wasser und beispielsweise Kohlenstoff aus der Luft gewonnen, welche dann in einer Synthese
       zu Benzin, Diesel, Kerosin usw. reagieren, siehe unten grüner Wasserstoff. In der nachfolgenden Tabelle sieht
       man, dass mit Hilfe 1 kWh regenerativen Stroms über diesen Weg rund 0,5 kWh fossile Kraftstoffe ersetzt
       werden können.

       Wasserstoff wird künftig also da benötigt, wo keine effizientere Lösung verfügbar ist: Zum einem als
       Endenergieträger in der direkten Nutzung, beispielsweise der Stahlindustrie, als auch als Sekundärenergieträger,
       um Methan, Benzin, Diesel oder Kerosin herzustellen.
       Die Bundesregierung hat sich mit der „Nationalen Wasserstoffstrategie“ das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030
       Wasserstoffelektrolyseure mit einer Leistung von 5 Gigawatt (GW) in Deutschland zu installieren. Davon sollen
       Wasserstoffelektrolyseure mit einer Leistung von 2 GW in die Herstellung von konventionellen Kraftstoffen
       integriert werden. Dies bedeutet, dass bis 2030 unter dem Einsatz von 20 TWh Strom etwa
       14 TWh Wasserstoff bereitgestellt werden sollen. Dieser würde bezogen auf den heutigen (fossilen)
       Wasserstoffbedarf rund 20 bis 25 % abdecken. Bis 2035, spätestens 2040 sollen darüber hinaus
       Elektrolyseleistungen von 5 GW ausgebaut werden. In der europäischen Wasserstoffstrategie wird für ganz
       Europa bis 2030 eine Elektrolyseleistung von 40 GW angestrebt.
       Damit Wasserstoff frühzeitig in die Bereiche gelenkt wird, wo dieser auf Dauer gebraucht wird, braucht es
       schnell transparente Rahmenbedingungen. Nur so können die langen Investitionszyklen zur Umstellung der
       Technologie zügig angegangen werden muss. Das trifft vor allem auf die Eisenerzreduktion und die
       Chemieindustrie zu.





       Wie wird Wasserstoff hergestellt? Wie unterscheiden sich grüner,

       blauer, türkiser und grauer Wasserstoff?


       Die Herstellung von Wasserstoff kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen und verursacht unterschiedliche
       Treibhausgas - und Schadstoffemissionen, Energie- und Ressourcenverbräuche. Obwohl Wasserstoff an sich ein
       farbloses Gas ist, werden die verschieden Herstellungswege durch eine „Farbenlehre“ voneinander abgegrenzt.


       Grüner Wasserstoff
       Grüner Wasserstoff wird ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Der Einsatz von Strom
       aus  Biomasse  ist aus Effizienzgründen nicht sinnvoll, da Biomasse selbst bereits Energiespeicher und ein
       vielseitig verwendbarer Rohstoff ist. Bei der Wasserstoffelektrolyse wird unter Einsatz von Strom das Wasser
       (H₂O) in Wasserstoff (H₂) und Sauerstoff (O₂) gespalten. Diese Wasserelektrolyse beruht wie die
       Brennstoffzelle auf denselben elektrochemischen Vorgängen, wobei die Elektrolyse elektrische Energie
       verbraucht und die Brennstoffzelle diese abgibt. Der Wirkungsgrad der Wasserstoffelektrolyse unterscheidet
       sich je nach konkretem Verfahren, näherungsweise kann von 75 % ausgegangen werden. Es ist denkbar, die
       Abwärme aus der Wasserstoffherstellung in Wärmenetze einzuspeisen, um einen Teil der Verluste der
       Elektrolyse nutzbar zu machen. Bei der Herstellung von grünem Wasserstoff entsteht kein CO₂ als schädliches
       Treibhausgas. Im Zentrum einer treibhausgasneutralen und nachhaltigen Entwicklung sollte daher grüner
       Wasserstoff stehen.
       Mit diesem Blick in die Zukunft und ein vollständig erneuerbares Stromsystem wird insbesondere in politischen
       Debatten Wasserstoff, der in Elektrolyseuren mit Strom aus dem allgemeinen Stromnetz hergestellt wird, auch
       bereits heute als grüner Wasserstoff bezeichnet. Jedoch wäre er wissenschaftlich betrachtet heute noch dem
       grauen Wasserstoff zu zuordnen.
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