Page 136 - Das Wunder des Auges
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ADNAN OKTAR


                 Von dem Moment an, wann eine Person geboren ist, unterliegt sie ei-
             ner ständigen Schulung durch die Gesellschaft. Der wahrscheinlich über-
             zeugendste Teil dieser Schulung lehrt, dass alles was die Hände berühren
             und die Augen sehen können, Realität ist. Dieses in der Mehrheit der
             Gesellschaft dominierende Verständnis wird fraglos von einer auf die an-
             dere Generation weitergereicht.
                 Aber auch ohne Schulung würde uns ein kurzes, objektives
             Nachdenken eine überraschende Tatsache erkennen lassen:
                 Alles, mit dem wir seit dem Moment unserer Geburt konfrontiert wer-
             den – Menschen, Tiere, Blumen, ihre Farben, Gerüche, Früchte, Geschmack
             der Früchte, Planeten, Sterne, Berge, Steine, Gebäude, Weltraum – sind
             Wahrnehmungen, die uns von unseren fünf Sinnen gezeigt werden. Um
             dies weiter klarzustellen hilft es, wenn wir die Sinne, die Vermittler, die uns
             mit Informationen über die Außenwelt versorgen, untersuchen.
                 Alle menschlichen Sinne – Gesichts-, Gehör-, Geruch-, Geschmack-
             und Tastsinn – funktionieren auf die gleiche Weise. Reize (Licht,
             Geräusche, Gerüche, Geschmacke, Strukturen) von Objekten in der
             Außenwelt werden mittels Nerven in die Sinneszentren im Gehirn trans-
             portiert. Alle diese Reize, die das Gehirn erreichen bestehen aus elektri-
             schen Signalen. Zum Beispiel während des Sehprozesses erreichen
             Lichtwellen (oder Photonen), ausgestrahlt von Quellen in der Außenwelt
             die Netzhaut an der Rückwand des Auges und werden durch eine Anzahl
             von Prozessen in elektrische Signale umgewandelt. Diese Signale werden
             mittels Nerven in das Sehzentrum des Gehirns übertragen. Dort, in einem
             Raum von wenigen Kubikzentimetern, wird eine farbige, helle und dreidi-
             mensionale Welt wahrgenommen.
                 Das gleiche System trifft auf die anderen Sinne zu. Zellen auf der
             Oberfläche der Zunge formen chemische Spuren in elektrische Signale um,
             die dann zu Geschmack werden. Gerüche werden durch Zellen der
             Riechschleimhaut der Nase in elektrische Signale umgewandelt. Spezielle
             Sensoren unter der Haut verwandeln Berührungen (wie das Gefühl der
             Härte oder der Weichheit) in elektrische Signale und ein spezieller
             Mechanismus im Ohr macht das Gleiche mit dem Schall. Alle diese Signale


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