Page 12 - Der Darwinismus als soziale Waffe
P. 12
EINLEITUNG
as 20. Jahrhundert war eines der dunkelsten und tödlichsten in der Geschichte der Menschheit.
Millionen Menschen fielen dem Völkermord durch Diktatoren wie Hitler, Stalin und Pol Pot zum Opfer.
D Hitler ließ alle, die er für “nutzlos“ hielt, in Gaskammern ermorden. In westlichen Staaten - von
Großbritannien bis Deutschland, von den USA bis Schweden - wurden Hunderttausende zwangssterilisiert oder
dem Tod überantwortet, weil sie krank, verkrüppelt oder alt waren. In der ganzen Welt wurden Menschen im
Namen eines rücksichtlosen Wettbewerbs unterdrückt und ausgebeutet. Der Rassismus wurde in einigen Staaten
zur offiziellen Politik erklärt und andere Rassen nicht mehr als menschlich anerkannt. Wegen der Konflikte und
der heißen und kalten Kriege zwischen Osten und West, wurden die Völker der Kommunist- und Kapitalistländer
und die sogar Brüder, eines anderen Feinde einer.
Noch immer weitgehend unverstanden ist das ideologische Fundament für all den Hass, die Feindseligkeit,
die Kriege und das Völkermorden im 20. Jahrhundert. Der Grundstein dafür wurde gelegt von dem britischen
Wirtschaftswissenschaftler Thomas Malthus. Seinem Gedankengebäude fügte ein weiterer Brite, der Soziologe
Herbert Spencer, weitere Bausteine hinzu. Vervollständigt jedoch wurde dieses aberwitzige Denken von einem
weiteren Briten, Charles Darwin.
Dieses Trio scherte sich nicht Weise um religiöse, moralische Werte wie Kooperation, Altruismus, Schutz der
Armen und Schwachen, und nicht um die Gleichheit aller Menschen. Ganz im Gegenteil: Sie verbreiteten die
Theorie, das Leben sei ein einziges Schlachtfeld, weshalb Unterdrückung und Vernichtung der Schwachen und
Armen sowie sogenannter “minderwertiger“ Rassen gerechtfertigt seien. Für sie galt das Überleben des Stärkeren
als der Motor des menschlichen Fortschritts.
Mit der Evolutionstheorie versuchte Darwin, diese Philosophie des Egoismus mit der Naturwissenschaft zu
verknüpfen. Unter Leugnung der von Gott gestifteten Kooperation und Solidarität in der Natur behauptete er,
alle Lebewesen befänden sich in einem rücksichtslosen Kampf ums Überleben. Obwohl es für diese Behauptung
keinerlei wissenschaftliche Beweise gab, übertrug er sie auf die menschliche Gesellschaft. Damit war der
Sozialdarwinismus als Ideologie geboren.
Manche glauben, der Sozialdarwinismus sei in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden und habe
während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder an Einfluss verloren. Aber diese Theorie hat wesentlich
weiterreichende, anhaltende und zerstörerische Wirkungen erzielt. Mit ihr hat sich im totalen Widerspruch zu
allen religiösen, moralischen Werten eine völlig verdrehte Weltsicht verbreitet, der zufolge das Leben nur ein
einziger Kampf ums Überleben ist, demzufolge die Menschen in diesem Kampf gegeneinander siegen müssen,
um zu überleben. In dieser Weltsicht wurzeln der Totalitarismus und solch blutige Ideologien wie Faschismus
10 DER DARWINISMUS ALS SOZIALE WAFFE