Page 28 - 01-52_RLB_Das_Raiqa_Magazin_23x27cm_2001.indd
P. 28
Aus der
Sicht eines Starke Wettbewerbskultur
Denn das, was ein Bauherr oder eine Baufrau wünschen
Städtebauers oder vorhaben, sei nicht immer deckungsgleich mit den Erwar-
tungen und Anforderungen einer Stadt, erzählt er uns im Laufe
des Gesprächs. Da gehe es dann darum, sich schrittweise anzu-
nähern, miteinander im Dialog zu bleiben und das Bauvorhaben
um Inhalte zu ergänzen, die der Stadt Qualität zurückgeben.
Eines sei dabei sonnenklar: Stadtentwicklung und bau- „Das RAIQA ist zwar
willige Investoren brauchen und bedingen sich gegenseitig. Und komplex, aber auch
ODER: VON DER NOTWENDIGKEIT in Innsbruck sei in den letzten Jahren wirklich überdurchschnitt- ungemein clever, denn
LANGFRISTIGER PLANUNG Stadtplaner denken in Jahrzehnten und sprechen lich viel investiert worden. „Innsbruck hat daher im Gegensatz zu es bietet der Stadt
vielen anderen Städten dieser Dimension eine wirklich gut funk-
von Christine Frei auch anders. Für Wolfgang Andexlinger, den obers- tionierende Innenstadt“, so Andexlinger. Das sei nicht zuletzt dem eine hohe inhaltliche
ten Stadtentwickler von Innsbruck, ist DAS RAIQA hohen Anspruch an die Baukultur und den vielen Wettbewerben
etwa ein Projekt von hoher inhaltlicher Wirksam- geschuldet: „Von rund 190 ausgeschriebenen Wettbewerben seit Wirksamkeit.“
keit. Und er meint damit vor allem die neue dem Jahr 2000 sind nur ganz wenige nicht realisiert worden.“
Passage.
Studien als Entscheidungsgrundlagen
Denn der bisherige Durchgang ist nur Einheimischen und Pend-
Wer in dieser Stadt ein neues Bauwerk oder Gebäudevor- Da scheine die Politik also durchaus was richtig gemacht lern bekannt – und wer ihn kennt, wird ihn möglichst schnell
28 haben plant, kommt um ihn und seine Abteilung nicht herum: zu haben, werfen wir kurz ein, was Andexlinger postwendend durchlaufen. Funktionierende Passagen seien aber ungemein 29
Wolfgang Andexlinger, Leiter des Amtes für Stadtplanung, Stadt- bestätigt. Auch wenn es natürlich immer die unterschiedlichs- wichtig für eine Stadt, sagt Andexlinger und verweist dabei auf
entwicklung und Integration. Wer ihn das erste Mal sieht und mit ten Vorstellungen und Interessen gebe, hätten die meisten die Rathauspassage, die sich vier Stockwerke unter ihm befi ndet,
ihm spricht, darf die üblichen klischeehaften Vorstellungen über Kommunalpolitiker schon die langfristige Entwicklung ihrer Stadt auf die Sparkassenpassage und das Kaufhaus Tyrol, das tagsüber
Beamte ganz schnell über Bord werfen. Andexlinger ist jung, im Auge, streut er seinen wichtigsten Stakeholdern Rosen. Trotz- auch recht gut funktioniere.
smart, auf eine wohltuend unaufgeregte Weise selbstbewusst dem sei es für seine Abteilung und ihn ungemein wichtig, in den
und trotz seines Fachjargons selbst für Nichtkundige klar und zentralen Fragen eine klare Linie zu halten. „Das gelingt natürlich Baustelle Bozner Platz
verständlich – was vermutlich seiner früheren Lehrtätigkeit ge- leichter, wenn man fachlich gut argumentieren kann.“ Daher
schuldet sein dürfte. hole man sich bei allen entscheidenden Themen, wie etwa bei Beim ersten und unmittelbaren Etappenziel der bis-
Vor knapp vier Jahren hat der studierte Architekt, der sich der Frage nach dem faktischen Hotelbettenbedarf, immer auch herigen (und erst recht der künftigen) Raiffeisenpassage will
2016 im Fachgebiet Städtebau und Raumplanung habilitierte und Experteninput von außen. Die Planung des RAIQA-Hotels basiert freilich auch keiner länger verweilen. Der Bozner Platz ist über
über zehn Jahre als Assistent und dann als Assistenzprofessor etwa auf der sogenannten Hotelstudie aus dem Jahr 2016. die Jahre zu einem reinen Durchzugsraum verkommen, der seine
an der Uni Innsbruck lehrte, diese überaus verantwortungsvolle Aufenthaltsqualitäten gut zu verbergen versteht. Dabei seien
Funktion übernommen. Einen Job, bei dem man nicht in Wahl- Einfallstor in die Stadt die Gebäude dieses größten historischen Platzes von Innsbruck
perioden, sondern in Generationen denken und planen muss und geradezu ideal gesetzt, erklärt uns Andexlinger. Allerdings hätten
für den man gerade deshalb eine hohe Dialog- und Diskursfähig- Aufgrund der guten Vorbereitung und der gemeinsam die Erdgeschosszonen der Gebäude so gut wie keine Möglichkeit,
keit sowie einen langen Atem mitbringen sollte. getragenen Zielsetzungen habe das Projekt RAIQA die bisherigen einen Bezug zum Platz herzustellen, und auch das Mittelfeld des
Prozess-Stufen – wie Gutachten, Gestaltungsbeirat, Bauaus- Platzes sei de facto ungenutzt.
schuss und Wettbewerb – sehr schnell durchlaufen, fi ndet Andex- Das alles wird sich glücklicherweise in Bälde ändern: Der
linger. Für ihn ist DAS RAIQA durch seinen hybriden Ansatz „zwar offene Realisierungswettbewerb für die Neugestaltung dieses
„Innsbruck hat im Gegensatz komplex, aber auch ungemein clever, denn es bietet der Stadt Platzes wird im kommenden Herbst starten. Somit geht es also
zu vielen anderen Städten eine hohe inhaltliche Wirksamkeit“. bis auf Weiteres munter weiter mit den Großbaustellen in der
dieser Dimension eine Er meint damit vor allem die ins Projekt integrierte Innenstadt. Dieser Hinweis entlockt dem obersten Stadtplaner
wirklich gut funktionierende Fotos: Günter Kresser RAIQA-Passage, die die ankommenden Touristen und Pendler Innsbrucks freilich nur ein amüsiertes Lächeln: „Wenn nichts
gebaut würde, hieße es sofort, in Innsbruck würde sich nichts
dann rund um die Uhr willkommen heißt und auf direktem Wege
Innenstadt.“ vom Bahnhof über den Bozner Platz in die Innenstadt führt. verändern, es sei fad und verschlafen.“ Auch wieder wahr.
Wolfgang Andexlinger, oberster Stadtentwickler von Innsbruck