Page 90 - Dez2017
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„Was für ein eigenartiger Berg“, murmelt er, wie zu sich selbst, als er seinen Jeep durch die Reben lenkt. „Warum macht er bloß so großartigen Wein?“
Zwei Wochen später, am 5. Oktober, steht Müller in Wanderschuhen im matschigen Scharzhofberg, um ihn herum dreißig Männer und Frauen. Jeder hat
At about eleven o‘ clock in the evening, when the company enters the inner courtyard of the manor, it is still drizzling.
The Frenchman insists on driving me back to Trier. He‘s drunk a few too many glasses of wine. No problem, he says, as he knows a backway through the vineyards.
,,Im Extremfall kann es sein, dass wir gezwungen sind, zu lesen, bevor die Trauben wirklich reif sind”,
eine Reihe vor sich und geht sie mit einem Eimer ab, an dessen Rand ein kleinerer Metallbehälter befestigt ist. Manche der Trauben sind noch grün, manche sind violett verfärbt, andere sind eingetrocknet, wie Rosinen. Die Metapher „handverlesen“ wird am Scharzhofberg wieder mit Bedeutung gefüllt: Die grünen Beeren bleiben hängen, die violetten und die Rosinen werden abgep ückt. Die violetten Beeren kommen in den Eimer, die Rosinen in die Metallkassette. Müller läuft durch die Reihen, greift in die Kassetten, pickt jede einzelne Traube heraus, die nicht vertrocknet ist. Ihr Wassergehalt ist so groß, dass sie die Trockenbeerenauslese verwässern würden.
Der Himmel ist grau. Von irgendwoher donnert es. Es ist nicht klar, ob es ein Gewitter ist oder ein Düsenjäger. „Putin“ ruft eine polnische Erntehelferin durch die Rebstöcke.
„Do you really believe that the wines from Scharzhofberg have a poetry that other wines do not have?“ I ask, as we crawl across the wet road at a snail‘s pace.
„There are other wines which are very elegant, but they don‘t make you feel the same way.“
„What do you mean, exactly?“, I ask.
Gérard looks at me from the side. „If you have feelings for a man, can you describe that feeling?“
„Actually, I can,“ I say.
„Then you don‘t love him,“ he says.
I am silent. I suspect that anything I say from now on will only prove that I am a philistine, in wine and in love.
„What a strange hill,“ he murmurs as if to himself, driving his jeep through the vines. „Why does he make such great wine?“
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