Page 28 - Blickpunkt Film 2006_33
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28_Prod_Kino_BF33  08.08.2006  17:52 Uhr  Seite 28




                                                                     PRODUKTION
                                                                                        Kino


                                                                     Marco Kreuzpaintner zwischen zwei Projekten


                                                                     Keine Atempause




                                                                     München – Aktuell legt Marco Kreuzpaintner letzte Hand an seinen ersten
                                                                     in den USA entstandenen Film, den u.a. Roland Emmerich und Rosilyn
                                                                     Heller produzierten „Welcome to America“. Bereits im Oktober wird er mit
                                                                     der Verfilmung von „Krabat“ nach Otfried Preußler beginnen.
                                                                     Sie haben zum ersten Mal in den USA ge-  es einer solchen Coming-out-Geschichte
                                                                                                                                             Marco Kreuzpaintner
                                                                     dreht. Wie werten Sie die Erfahrung?  nicht bedürfe, das sei ja alles ein alter Hut. Ich
                                                                     Ich möchte sie nicht missen. Es war mein an-  kann nur sagen, dass ich viele Briefe junger  Der 1977 in Rosenheim geborene Regis-
                                                                                                                                             seur legte 2002 mit „Ganz oder gar“ sein
                                                                     strengendster Dreh bei nur knapp 40 Dreh-  schwuler Männer bekommen habe, die sich
                                                                                                                                             Kinodebüt vor. Zwei Jahre später folgte
                                                                     tagen an realen Locations überall in den USA  für den Film bedankt haben, er habe ihr Leben  „Sommersturm“, in dem er eigene Er-
                                                                     und in Mexiko, aber sicherlich auch der, bei  gerettet. Da weiß man, dass man nicht alles  fahrungen mit seinem Coming-out ver-
                                                                     dem ich am meisten gelernt und Erfahrungen  falsch gemacht haben kann. Und ich weiß,  arbeitete. Zu Beginn des Jahres drehte
                                                                                                                                             er in den USA „Welcome to America“. Im
                                                                     gesammelt habe. Ich war verblüfft, wie viel  wie wichtig der Film mir persönlich war.
                                                                                                                                             Oktober fällt die erste Klappe zu seiner
                                                                     Vertrauen man mir als Filmemacher entge-                                Preußler-Adaption „Krabat“.
                                                                     genbrachte: Von keiner Seite wurde mir je-  Er hat Ihnen auch die Tür in die USA ge-
                                                                     mals reingeredet. Im Gegenteil: Alle Beteilig-  öffnet. Roland Emmerich hat Ihnen „Wel-
                                                                     ten zogen an einem Strang, um meine Ideen,  come to America“ als Regiearbeit ange-  Er hatte absolutes Vertrauen in mich. Er war
                                                                     meine Vision zu unterstützen. Das hat mich  boten, weil er so begeistert von „Sommer-  nur einmal kurz am Set und ließ mich sonst
                                                                     überrascht, weil man doch immer all die Hor-  sturm“ war.            machen, wie ich es für richtig hielt. Gleichzei-
                                                                     rorgeschichten über Hollywood hört. Ich hat-  Roland hat sich als wirklich guter Freund er-  tig bot er an, mir bei allen Fragen stets mit Rat
                                                                     te indes den Eindruck, dass meine Arbeit in  wiesen – und als ausgezeichneter Produzent.  und Tat zur Seite zu stehen. Das gibt einem
                                                                     den USA sehr geschätzt wird. Dabei muss ich  Ich hatte ihn schon zuvor als Filmemacher  Sicherheit. Ich kann es immer noch nicht glau-
                                                                     betonen, dass „Welcome to America“ eine  sehr geschätzt, aber wie er sich bei „Welcome  ben, wie viel Glück ich in meiner Karriere bis-
                                                                     deutsch-amerikanische Produktion ist. Von  to America“ für mich ins Zeug gelegt hat, das  her gehabt habe.
                                                                     deutscher Seite sind Claussen+Wöbke+Putz  hat meine kühnsten Erwartungen übertrof-
                                                                     mit dabei, was mich sehr freut, weil unsere  fen. Vor dem ersten Drehtag stellte er sich vor  Jetzt geht es gleich weiter mit „Krabat“.
                                                                     Arbeit an „Sommersturm“ schon so toll war.   die Crew und sagte: „Filmemachen ist kein  Ich arbeite jetzt noch zehn Tage an „Welcome
                                                                                                        demokratischer Prozess, sondern eine Dikta-  to America“ und mache den Mix fertig. Dann
                                                                     Gerade „Sommersturm“ wurde in den USA  tur. Und Marco ist die nächsten Wochen euer  geht es sofort weiter mit „Krabat“, den wir ab
                                                                     auch überschwänglicher aufgenommen  Diktator.“ Das hat wahnsinnig geholfen, weil  Oktober in Siebenbürgen drehen werden.
                                                                     als in Deutschland.                man mich sofort anerkannt hat.    Das ist ein ganz schönes Pensum, aber ich will
                                                                     Mir kommt es so vor, als würde man sich in                           nicht klagen. Im Gegenteil: Welcher Regisseur
                                                                     den USA Filmen unverkrampfter nähern. In  Roland Emmerich ließ Ihnen bei der Arbeit  hat schon das Privileg, in den USA zu drehen
                                                                     Deutschland wurde vielfach bemängelt, dass  völlig freie Hand?       und unmittelbar im Anschluss so einen tollen
                                                                                                                                          Stoff wie „Krabat“ in Angriff zu nehmen. Und
                                                                                                                                          ich bin gerade einmal 29 Jahre alt.

                                                                                                                                          Zunächst war Hans-Christian Schmid als
                                                                                                                                          Regisseur für die Produktion von Claus-
                                                                                                                                          sen+Wöbke+Putz vorgesehen gewesen.
                                                                                                                                          Von seinem Ansatz ist nichts übrig geblieben.
                                                                                                                                          Ich bin für meine Fassung zum Ursprung, der
                                                                                                                                          Vorlage von Otfried Preußler, zurückgegan-
                                                                                                                                          gen. Unser „Krabat“ wird ein toller Fantasyfilm
                                                                                                                                          mit düsteren Tupfern, ambitionierten Effek-
                                                                                                                                          ten und sehenswerten Designs. Gerade nach
                                                                                                                                          meiner Erfahrung in den USA traue ich mir
                                                                                                                                          das zu. Und habe vor allem auch riesig große
                                                                     Paulina Gaitan, Kevin Kline und Alicja Bachleda spielen in „Welcome to America“  Lust darauf.  ts

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