Page 28 - Strategie Sonderheft 2021
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Fündig wird er in der Person Cesare Borgias. Der Sohn des Papstes Alexanders VI ist intelligent, brutal und eroberungsbegabt. Im Namen seines Vaters erobert er
im Sommer 1501 die Romagna und später im Jahr noch Piombino. Durch die Protektion des Papstes sonnt sich Cesare im Glück. Ludwig XII stoppt diese Eroberungen indem er Cesare auffordert, ihn nach Neapel zu begleiten. Spanien und Frankreich teilen sich das dortige Königreich und Borgia ist gezwungen, diesen Feldzug zu begleiten.
Mitte 1502 wendet sich Cesare aber wieder gegen Flo- renz. Machiavelli kann durch sein Verhandlungsgeschick jedoch vermeiden, dass die florentinischen Stadtherren Borgia „Schutzgelder“ zahlen müssen. Diese erkennen, dass die Art, also der dauernde Wechsel in der Regie- rungsführung, große Schwächen hat. Deshalb soll nach einer Reform, ein Beamter auf Lebenszeit für mehr Sta- bilität sorgen. Piero Soderini macht das Rennen und wird im September 1502 zum Staatsoberhaupt auf Lebenszeit gewählt.
Cesare ist laut, polternd und erfolgreich. Ihn spült „for- tuna“ an die Spitze. Soderini ist eher leise, taktierend und ausgleichend. Er hat „virtu“ - Motivation und ungeheure Lebenskraft. Beide Charaktere sollten das Leben von Ma- chiavelli stark beeinflussen.
Machiavelli bekommt Gelegenheit, Cesare Borgias Ver- halten in Imola zu studieren. Florenz will mit Borgia einen Freundschaftsvertrag schließen. Dieser soll eine Eroberung durch den herrschsüchtigen Herzog vermeiden helfen. Der Aufenthalt dauert bis zum Ende des Jahres. Während dieser Zeit erwehrt sich Cesare gegen Intrigen seiner eigenen (ehemals) verbündeten Leute. Geschickt lockt er seine Feinde in eine Falle und lässt sie durch einen Gefolgsmann töten. Diese Ereignisse beschäftigen Machiavelli noch Jahre später. Im Prinzipe beschreibt er während seines Exils, allgemeingültige Regeln, wie man
Feinde austricksen kann. Machiavelli ist überzeugt, aus Cesare Borgias Taten wichtige Lehren für die Kunst der Machterhaltung ziehen zu müssen.....! In diesem Ver- ständnis, in dieser Interpretation liegt die Ursache, dass Machiavelli noch 500 Jahre später gelesen wird und zusätzlich, von den Menschen die seine Werke studieren, selber als Bösewicht gesehen wird.
Borgias Vater Papst Alexander VI stirbt Anfang des Jahres 1503. Cesare wird krank und verliert dadurch seine erober- ten Gebiete an die alten Herren. Papst Pius III hat sein Amt lediglich 3 Monate inne, dann stirbt auch er. Der nächste Papst heisst Julius II.
Die Borgias und Julius II (Kardinal Giuliano della Rovere) sind Feinde. Das besiegelt auch das Schicksal Cesare Bor- gias. Er wurde entmachtet und ins Gefängnis geschickt. Machiavelli grübelt darüber, an welchem Punkt Cesare seinen alles entscheidenden Fehler gemacht hat.....?
Niccoló Machiavelli aber macht auch Fehler. Er greift mit seinen Texten indirekt seine Vorgesetzen an oder ignoriert sie, indem er Briefe überhaupt nicht oder erst lange nach Fälligkeit beantwortet. Seinen Vorgesetzen dienen....., das kann er nicht.
Florenz ist nach Einschätzung der Regierenden eine gute politische Welt. Nach Ansicht Machiavellis stimmt das nicht mit der Realität überein. So kritisiert, demütigt und agiert er „besserwisserisch“ wo er nur kann. Ein Arbeitsgebiet ist die Kriegsführung und damit verbunden, die Ansichten über ein eigenes Heer. Hier ist er zunächst erfolgreich: Er stellt eine Truppe auf, mit der er Pisa im Jahre 1509 zurückerobert. Piero Soderini unterstützt ihn dabei.
Dieser Erfolg soll aber nicht lange währen: Julius II und Ludwig XII kommen sich immer mehr in die Quere. Soderini hat Besitztümer in Frankreich, so setzt dieser weiterhin