Page 34 - Strategie Sonderheft 2021
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           20. Ob die Anlage von Festungen und verschiedene an- dere von den Fürsten häufig angewandte Maßnahmen nützlich sind oder nicht
Allgemein kann gesagt werden: Die Liebe und die Achtung eines Volkes zu seinem Fürsten schützt mehr vor Aufruhr und Angriffen des Feindes als jede Festung.
21. Was ein Fürst tun muss, um sich Ansehen zu erwerben
Große Unternehmungen bewirken großes Ansehen. Gute Taten, schlechte Taten, Bauwerke, Kunst und Kriege, Red- lichkeit und Fairness. Die Bürger müssen ermutigt werden, dass sie ruhig ihren Geschäften nachgehen können. Er muss mit seinen Untertanen, den Zünften und Gewerken sprechen, sie treffen und sich für sie interessieren.
22. Von den Ministern des Fürsten
Den ersten Fehler macht ein Fürst bei der Auwahl seiner Minister. Es gibt Minister, die verstehen von selbst. Andere können beurteilen, was Dritte verstehen. Die letzte Gruppe versteht nichts von selbst, noch mit der Hilfe anderer. Ego- isten, die nur an ihren Vorteil denken, sind nicht besonders geeignet. Der Fürst hat die Aufgabe, die Minister durch verantwortungsvolle Aufgaben und durch Anerkennung an sich zu binden.
23. Wie man sich vor Schmeichlern hüten muss
Was richtig oder falsch, wahr oder unwahr ist, hängt von den jeweiligen Sichtweisen ab. Der Fürst soll weise Män- ner in seinen Diensten um ihre Meinung fragen können. Gleichzeitig muss er den Schmeichlern, von denen es am Hofe viele gibt, aus dem Weg gehen.
Gute Entscheidungen müssen vom Fürsten kommen, denn
„von den Menschen lässt sich nur Schlechtes erwarten,
wenn sie nicht zum Guten gezwungen sind!“. Einmal einen Entschluss gefasst, ist es gut, dabei zu bleiben und unbeirrt auf das Ziel zuzugehen. Wankelmütigkeit wird immer gering geachtet.
24. Warum die Fürsten Italiens die Herrschaft verloren haben
Machiavelli ist überzeugt, wenn sich ein „neuer Fürst“ nach seinen Ratschlägen richtet, hat er auch Erfolg. Andere, die es nicht taten, wie der König von Neapel und der Herzog von Mailand, sind Beispiel für Mißerfolg: Sie hatten entweder das Volk gegen sich oder konnten nicht mit den Großen umgehen. Ein ander Grund war auch der, dass sie keine eigenen Heere hatten und dass sie keine rechte Vorsorge für Notzeiten getroffen haben. Die Folge: Sie verloren ihre Macht.
Empfehlung: Auch bei gutem Wetter mit Sturm rechnen und rechtzeitig an die Möglichkeit einer Änderung denken.
25. Was Fortuna im menschlichen Leben vermag und wie man sich ihrer erwehren soll
Menschen verfahren verschieden, um das Ziel, das jeder vor Augen hat - beispielsweise Ruhm und Reichtum - zu erlangen. Einer handelt bedächtig, ein anderer ungestüm, mit Gewalt und List, oder mit Geduld. Zwei können gleich handeln: Einer hat Erfolg, der andere nicht. Oder sie han- deln entgegengesetzt mit gleichem Resultat. Der Grund da- für liegt im Charakter der Zeit, er muss mit der jeweiligen Handlungsweise übereinstimmen.
Machiavelli beobachtet den handelnden Menschen und seine Erfolge oder Mißerfolge. Das Thema „Willensfreiheit“ hat die damaligen Zeitgenossen sehr beschäftigt. Aus der Antike war man gewohnt, die Götter für die Taten verant- wortlich zu machen. In der Zeit der Renaissance spricht die Kirche hier ein Wort mit.
    
















































































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