Page 35 - Strategie Sonderheft 2021
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Zitat: „Ich weiß wohl, dass es viele gegeben hat und gibt, die glauben, die Ereignisse seien derart von Fortuna und von Gott vorherbestimmt, dass die Menschen mit ihrer Klugheit sie nicht lenken können, ja überhaupt nichts dagegen vermöchten, und die deshalb zu der Ansicht nei- gen, man sollte sich nicht viel abmühen, sondern sich der Leitung des Zufalls überlassen.“
Hinweis: René Descartes (1596-1650) begründete seinen „frühzeitlichen Rationalismus“ erst über 100 Jahre später.
Machiavelli neigt dazu, die Willensfreiheit des Menschen „nicht ganz aufzugeben“ und nimmt an, dass sie je zur Hälfte von Fortuna und von Gott vorbestimmt sei.
Die Frage, was dagegen zu tun oder zu lassen sei, beant- wortet er mit dem Vergleich zu einem reißenden Strom: „Dieser kann ruhig in seinem Bett fließen und nach hef- tigem Regen reißende Fluten mit sich führen, das Land überschwemmen und die Häuser zerstören. Diese Wildheit hindert aber nicht, dass die Menschen in ruhigen Zeiten Vorkehrungen treffen.“ Fortuna - er sieht sie als Weib - zeigt ihre Kraft nur dort, wo keine Kräfte zur Gegenwehr gerüstet stehen. Weil er sie „weiblich“ sieht, ist für ihn das „beherzte Zupacken“ die einzige Lösung die weiterhilft.
26. Es folgt der Aufruf, Italien von den Barbaren zu befreien
Zusammenfassung der Sicht des StrategenTeams-Freiburg
Die damaligen Zeiten waren sehr vom „rauhen Wind ständiger Veränderung“ geprägt. Niccoló Machiavelli sieht sich selbst als Vollblutpolitiker, der aber „kalt gestellt und ausgemustert“ tatenlos zusehen musste, wie die Barbaren, also die ausländischen Truppen Frankreichs, Deutschlands und die Spanier, die Fürsten vertrieben haben.
Er, der nicht stark war und untätig herumsitzen musste, schrieb sich seinen Frust von der Seele. In Lorenzo sah er eine Möglichkeit, sich wieder einbringen zu können.
Lorenzo liest das Werk, kommt aber nicht auf Machiavelli zu. Der lebt weiter in seinem Exil am Rande der Stadt Florenz. In dieser Zeit beendet er seine Discorsi (hier beschreibt er das Ideal einer Republik) und verfasst verschiedene Thea- terstücke. Von seinen Kommödien sind La Mandragola und Clizia politisch gegen die Medici interpretierbar. Einige Stücke werden auch in Rom aufgeführt. Es sollte aber noch weitere 5 Jahre dauern, bis Machiavelli wieder für kleinere Aufgaben im Dienst der Stadtregierung von Florenz einge- setzt wird.
Lorenzo heiratete eine französische Prinzessin und wird Vater einer Tochter Katharina, die 1519 das Licht der Welt