Page 9 - Pohadka - Ein Märchen in Bildern, Worten und Musik
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schreibt den Ruf des Finken in Noten auf. Dabei kommt
dem Meister ein russisches Märchen in den Sinn, dass ihn
fortan nicht mehr los lässt.
In Janáčeks Kopf wirbeln Bilder und Klänge wild durchei-
nander! Beschwingt von seiner Fantasie läuft er nach
Hause. Er öffnet die Tür seines Hauses und geht
schnurstracks zu einem Regal an der gegenüberliegenden
Wand. Dort stehen viele Bücher!
Mit seinem rechten Zeigefinger streicht Janáček sorgfältig
über die Bücherrücken. Bei einem kleinen schwarzen
Büchlein hält er an. Das war es doch! Er zieht das Büch-
lein heraus und schlägt die erste Seite auf: „Es lebte einst
der Zar Berendej…“ steht da in geschwungener Schrift.
Einen kurzen Augenblick runzelt Janáček die Stirn. Er
denkt nach und erinnert sich an den Beginn des Mär-
chens:
Es lebte einst der Zar Berendej. Er regierte ein grosses, pracht-
volles Zarenreich und wurde von seinem Volk sehr geliebt.
Doch trotz seiner Macht, seines Reichtums und seiner Beliebt-
heit war sein Glück getrübt, denn er trug ein schreckliches Ge-
heimnis mit sich.
Niemandem hatte er je erzählt, dass er einst auf einer langen Rei-
se eine schaurige Begegnung mit dem König der Unterwelt hatte
und in dessen Reich gefangen war. Um den Fängen des bösen
Königs Koschtschej zu entkommen, musste der Zar ihm seinen
teuersten Besitz versprechen: Seinen eigenen Sohn.
Als die Jahre ins Land zogen und der Zarensohn Ivan zu einem
wunderschönen Jüngling herangewachsen war, hatte Zar Beren-
dej sein Versprechen fast gänzlich vergessen. Doch der König
der Unterwelt war nicht so vergesslich und so kam der Tag, an
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