Page 156 - Soziale Beziehungen, unter die Lupe genommen! 2019
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ten sie von ihren Eltern auch, dass sie einen neuen Status
innerhalb der Familie zugewiesen bekommen. Der wich-
tigste Aspekt dieses neuen Status ist das Recht auf Pri-
vatsphäre. Nach Meinung von Psychologen verhandeln
erwachsene Kinder und ihre Eltern ihre Grenzen lang-
sam neu. Ein Einbruch in die Privatsphäre — z.B. wenn
ein Elternteil zu viele Fragen zu persönlichen Angele-
genheiten stellt — gefährdet die neu geschaffene Bezie-
hungsebene, es kann zu Konflikten kommen. Manchmal
sträuben sich Eltern gegen den Prozess der
Individuierung, der eintritt, wenn ihr erwachsenes Kind
seine Unabhängigkeit erlangt, weil sie darin das Ende
ihrer Rolle als Versorger und Beschützer sehen.
Manche Eltern belasten die Beziehung zu ihren er-
wachsenen Kindern auch, indem sie sich ganz aus der
Elternrolle zurückziehen und stattdessen eine Interaktion
auf gleichberechtigter Basis erwarten. Es ist nicht gut,
wenn ein Elternteil z.B. zu viel seelischen Beistand von
seinem erwachsenen Kind erwartet. Haben erwachsene
Kinder das Recht auf Privatsphäre und persönliche Un-
abhängigkeit ihren Eltern gegenüber durchgesetzt, blei-
ben noch zwei größere Etappen zu bewältigen: selbst
Kinder zu bekommen und für die Eltern zu sorgen, wenn
sie krank oder gebrechlich werden. In diesen Zeiten ist
sensible Kommunikation vonnöten, um Rollen und
Grenzen neu auszuhandeln.
Erwachsene Kinder und ihre Eltern können folgen-
dermaßen zu guten Beziehungen beitragen:
Akzeptieren Sie, dass ein Abnabelungsprozess notwen-
dig und gesund ist. Wenn alle Beteiligten sich als un-
abhängige Individuen respektiert fühlen, fördert dies
harmonische Beziehungen.
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