Page 70 - Geschichte des Kostüms
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DEUTSCHLAND - KRIEGSTRACHTEN
1600-1625
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Die Tafel knüpft an die Darstellungen von Tafel ig 5 an und dient zur weiteren
Veranschaulichung. Man sieht das Nebeneinander der Pluderhose, die aus der alten
deutschen Landsknechtshose herkommt und deren neuere Tradition eine hauptsächlich
protestantische ist, und der ausgestopften Hose, die spanischen Ursprungs und mehr
die katholische im Soldatenwesen ist. Man sieht aber auch die Ausgleichungen, die
sich schon zeigen; es kommt ein Mittelding auf, das länger als die spanische Hose
geworden ist. Si« nimmt von ihr einige Füllung oder Ausstopfung herüber, aber
nicht mehr in der alten prallen, steifen spanischen Weise. Und von da ab wird auch
diese Füllung noch weicher und schwindet, bis die lose, weite „Schlumperhose"
der späteren Kriegszeit übrig bleibt. Diese Hose ist aus Tuch, auch aus Sammet,
mit Muster oder Besatz. Die Strümpfe sind aus Wolle oder Leder; der Schuh
behauptet sich in der Periode unserer Tafel noch, um erst später dem Stiefel zu
weichen.
Die Kriegszeit kommt dem Hute zu gut, der letzten Abräumung mit dem
Barett. Der Hut dringt auch bei den Soldaten selbst gegen die Eisenkappe vor.
Weniger wirkt der seidebezogene, steife spanische Hut auf diese nunmehrige Tracht
ein, als der lässigere, einfache Hut der unteren Schichten; man putzt ihn nun aber
stattlich mit Federn heraus und bringt ihn schon in verwogenere Formen. Die Hals-
krause kommt ins Schwinden, sie wird bescheidener oder fällt schon weg. Der
Kragen, der sie bisher gestützt hat, gewinnt nun diesen Raum, er wird für eine
Weile weich und zwanglos, legt sich allmählich gegen die Schultern nieder und
beginnt sich schon mit Spitzen kostbar zu schmücken. Das führt dann später zu
den neu gesteiften, großen, flach herunterliegenden Spitzenkragen.
Den Wegfall der Halskrause nutzt der Bart aus, meist als sogenannter „Wallen-
steiner", Schnurrbart mit spitzem Kinnbart. Auf die Dauer aber wird das Haar
derjenige Teil, der die neue AusdehnungsmögUchkeit wahrnimmt. Es wird länger.