Page 66 - Geschichte des Kostüms
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                   DEUTSCHE KRIEGSTRACHTEN 1600-1650








                                                 I — 3. Musketiere.
                                                 4— 5. Pikeniere.
                                                 6. Dragoner.
                                                 7. Artillerist.
                                                 8. Deutscher Soldat.
                                                 9. Kürassier.

                    Der Soldatenstand und das Soldatenwesen des 17. Jahrhunderts werden uns in
             zahllosen Kupferstichen,  Holzschnitten, militärischen Werken und auch in Gemälden
             veranschauHcht,   die  die Schlachten des Dreißigjährigen Krieges und das Lehen im
             Felde,  teils in bestellten Erinnerungs- und Historienbildern,  teils in Genreszenen fest-
             gehalten haben.
                    Das   heeresgeschichtlich Ausschlaggebende    ist um   diese Zeit  das Schwinden
             der  alten Lanzenbewaffnung     zugunsten des nunmehr      sich  vollends durchsetzenden
             Feuergewehrs der Fußtruppen.       Man hat zwar die ,, Pikeniere" noch, in geringerer
             Zahl,  und  stellt sie als dünne Reihe vor    die Front des Fußvolkes,     damit  sich  die
             Reiterattacken an ihnen brechen sollen.     Aber man bespöttelt    sie,  weil ihnen keine
             Angriffsfähigkeit mehr beikommt, und ihnen niemand den Gefallen          tut, blindlings  in
             ihre Spieße zu rennen, und noch während des Krieges werden sie immer entschlossener
             aufgegeben.
                    Die Muskete     ist  eine  schwere Hakenbüchse      mit Luntenschloß    oder  auch
            Radschloß.     Das gegenüber dem Luntenhaken         jüngere und    feiner  erdachte,  1 5
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            von   einem Nürnberger Uhrmacher        erfundene Radschloß,     welches  ein Stahlrad   in
            schnelle Reibung an einem Stück Schwefelkies brachte,        hatte doch den Fehler, daß
             der Schwefelkies   leicht zerbröckelte und dann     die Vorrichtung   nutzlos  war.   Der
             bessere Ersatz lag  erst in dem Schnapphahnschloß       mit  Feuerstein   und  Stahl,  das
            zwar auch     schon  im   16. Jahrhundert zu München erfunden        war,  aber erst i63o
            und 1648    in Frankreich vervollkommnet und nun rasch zur allgemeinen Annahme
            gebracht   wurde.     Die Muskete    soll  ihren Namen vom      mittelalterlich -lateinischen
            muscetus, Sperber, haben, nach der krummen Form des Hakens,              der die Lunte zu
            hahen hatte, sodaß Hakenbüchse und Muskete nur dasselbe ausdrücken würde.
                    Unter Karl V. wurden die Musketiere      als  zeitweilig vortretende Schützen vor
             der Front,  deren Kugeln durch      die Reiterharnische schlugen,   zuerst wichtig.   Von
             da ab drehte sich das Verhähnis zwischen ihnen und den Pikenieren            eigentlich  in
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