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AKTUELL  NACHRICHTEN


           Rechnungshof kritisiert ÖPP-Projekte






           Der Bundesrechnungshof übt
           erneut Kritik an sogenannten
           öffentlich-privaten Partner-
           schaften ÖPP beim Autobahn-
           bau. Die Kosten seien zu hoch,
           die Anreize falsch.


              ie Kosten für den Autobahnbau im Rahmen ei-
           Dniger ÖPP-Projekte laufen aus dem Ruder. So
           sieht es zumindest der Bundesrechnungshof. In ei-
           nem gemeinsamen Gutachten kommen Rechnungs-
           hof und Verkehrsministerium zu widersprüchlichen
           Ergebnissen. Bundesverkehrsminister Alexander Do-
           brindt setzt verstärkt auf ÖPP-Projekte. Der Rech-                                                                  Dieter Möbus/Chromorange/picture-alliance
           nungshof kritisiert, dass es Anreize gebe, Projekte
           auch dann privat zu finanzieren, wenn eine konven-
           tionelle Realisierung billiger wäre. In einem früheren
           Gutachten hatte der Rechnungshof gezeigt, dass die                                                                ©
           Kosten in fünf bereits umgesetzten Projekten deut-  Privater Autobahnbau benachteiligt den Mittelstand, moniert der Bundesrechnungshof
           lich höher ausgefallen sind als geplant. Das Verkehrs-
           ministerium bestreitet das und spricht lediglich von   dafür extrem hohe Kredite aufgenommen werden   Die Vor- und Nachteile von ÖPP-Projekten sind
           Mehrkosten von 4,4 Prozent. Außerdem warnt der   müssen. Bei konventioneller Vergabe der Projekte   seit langem umstritten. Dabei finanziert ein Privat-
           Rechnungshof davor, dass sich die Kosten deutlich   hingegen werde der Mittelstand gefördert, so dass   unternehmen den Autobahnbau und kassiert dafür
           erhöhen könnten, sollten die Kreditzinsen ansteigen.   sich „positive gesamtwirtschaftliche Nutzungseffek-  30 Jahre lang die Mauteinnahmen für die Strecken.
              Außerdem sehen die Prüfer den Mittelstand bei   te“ ergeben. Das Verkehrsministerium hingegen hält   Schon Dobrindts Vorgänger Peter Ramsauer setzte
           der Vergabe der ÖPP-Projekte benachteiligt, weil    die Bedenken für „nicht nachvollziehbar“.  auf die private Finanzierung.






                                                                                        FRANKREICH
            STREIT MIT DER EU                                                           Schienen-Autobahn
            Deutschland lehnt europäische Maut ab                                       vorerst verschoben



            Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wirft                             Der Start einer Schienen-Autobahn für unbegleitete
            der EU-Kommission vor, die Einführung der deut-                             Lkw-Anhänger zwischen Le Boulou nahe der spani-
            schen Pkw-Maut zu verzögern. Er forderte die                                schen Grenze und Calais wurde  verschoben. Wegen
            Behörde auf, Deutschland ein begründetes Mahn-                              der anhaltenden Probleme mit Migranten am Hafen
            schreiben zukommen zu lassen, um strittige Fra-                             gibt es offenbar Sicherheitsbedenken. Die SNCF-
            gen vor dem Europäischen Gerichtshof zu klären.                             Tochter VIIA wollte den Dienst am 12. Januar zum
            Den von Verkehrskommissarin Violeta Bulc in Aus-                            ersten Mal durchführen. Ein Teilabschnitt von meh-
            sicht gestellten Vorschlag für eine europäische,                            reren hundert Metern der geplanten Strecke führt
            streckenbezogene Maut lehnte der Minister ab:                               nahe am Migranten-Camp vorbei, bevor die Züge
            „Es gibt keinerlei Unterstützung von meiner Seite                            Olivier Hoslet/picture alliance  den Hafen von Calais erreichen. Weil die Züge in
            für so einen Vorschlag.“ Dadurch würden die deut-                           diesem Gebiet nicht schneller als 20 Stundenkilo-
            schen Autofahrer zusätzlich belastet.                                       meter fahren, befürchten die französischen Behör-
            Die Kommission hatte das Vertragsverletzungs-                              ©  den, dass Flüchtlinge versuchen auf die Züge zu
            verfahren im Juni vergangenen Jahres eingeleitet,   Uneins: Violeta Bulc und Alexander Dobrindt  gelangen. Ein neuer Termin für die Einführung des
            weil sie befürchtet, dass die „Ausländermaut“ zu                            Services ist noch nicht festgelegt. Das neue Ange-
            einer Diskriminierung von Autofahrern aus ande-  weiter.  Dass die Kommission Mitte Dezember um   bot mit einer Streckenlänge von 1200 Kilometern
            ren EU-Staaten auf den deutschen Autobahnen   zusätzliche Informationen bis Mitte Februar gebe-  soll in Frankreich erstmals das direkte Verladen von
            führen würde. Darauf habe die Bundesregierung   ten hat, betrachtet der Bundesverkehrsminister als   Sattelaufliegern von RoRo-Fähren auf die Schiene
            „fachlich fundiert“ geantwortet, sagte Dobrindt   Verzögerungstaktik.       ermöglichen. Die Strecke soll als Bindeglied zwi-
                                                                                        schen Spanien und Großbritannien dienen.


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