Page 15 - Volksdorfer Zeitung Oktober 2016
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Baumgarten, der Ältere (1873- 1946). Dieser erfolgreiche Ber- liner hatte nach dem Besuch der Hamburger Kunstgewerbe- schule (heute HFBK) von 1898 bis 1901 die Technische Hoch- schule in Berlin besucht und (nebenher) von 1899 – 1901 im Stil der Neorenaissance das Nyegaard-Stift in der Hanse- stadt errichtet. Von den Stadt- und Landhäusern, die er später für Prominente in Berlin und Potsdam baute, machte er sich durch den Auftrag von Max Lie- bermann am Wannsee (1909), den Umbau der Villa Kunheim (1910/11) und die Villa Mar- lier, (1914/15, Haus der späte- ren Wannseekonferenz) einen Namen.
Das Gespensterschloss Villa Westenholz
Die Jugendstil-Villa Westen- holz, 1904 – mit quadratischem Grundriss und auf rustikalem Feldsteinsockel - in den noch einsamen Hamburger Walddör- fern errichtet, muss schon da- mals wie ein riesiges Gespens- terschloss gewirkt haben. Der Bewohner hinter den weiß ge- putzten Hauswänden mit ro- ten Backsteineinlagen hatte ausgefallene Sonderwünsche. Sie wurden teilweise erst nach- träglich eingebaut: schalldämp- fende Gummiböden, doppelte
Wände und ein dunkles Schlaf- zimmer ohne Fenster. Die Re- genrinnen enthielten spitze Stifte gegen Tauben und ande- re Vögel. Das Haus stand ohne Hecken und Zäune, verborgen vom Wald, inmitten der feuch- ten Wildnis.
Der scheue Hausherr, der hochemp ndliche, zeitweise und in Schüben nervenkran- ke Junggeselle hatte in Eng- land eine Banklehre absolviert und sprach ausgezeichnet eng- lisch. Albert Wilhelm von Wes- tenholz schrieb Dramen und Gedichte, liebte die Musik und widmete sich als Privatgelehr- ter der Geschichte seiner Fami- lie. Zusammen mit seiner fünf Jahre älteren Schwester Mathil- de bewohnte er ein Stadtpalais auf der Sophienterrasse. Ruhe suchte er aber fern der Stadt, im eigenen Wald. Er stand der Wandervogel-bewegung nahe, und hielt bei Sonnenwendfei- ern – so 1914 - auf seinem na- turbelassenen Besitz stets eine etwas überspannte „Feuerre- de“. Als letzter (homosexuel- ler) Spross seiner Sippe über- gab er – ähnlich wie 1950 der letzte (Hans von) Ohlendorff, das von ihm erstellte Famili- enarchiv mit Fotos und Zeich- nungen an das Hamburgische Staatsarchiv. Zwei Jahre nach Albert von Westenholz kaufte
sich auch der vier Jahre jüngere beamtete Architekt und Künst- ler Emil Maetzel in Volksdorf ein. Er legte das Erbe seines in Cuxhaven verstorbenen Vaters in 9.000 qm Land, direkt an der Grenze zu Westenholz, an. Der beide Ländereien verbinden- de Weg 373 erhielt später den Namen Langenwiesen,
das 1924 – 26 errichtete Maetzel-Haus die Haus- nummer 15.
Albert von Westen- holz hat es nicht lan- ge in Volksdorf ge- halten. Wegen des U- Bahn-Baus, der näher rückenden Besiedlung und des damit zu be- fürchtenden Lärms er- warb er für sich und seine Schwester im noch stilleren Groß- hansdorf ein weiteres Landhaus.
Das heute am Rand
des Naturschutzge-
bietes gelegene Wes- tenholz-Anwesen So- renremen wurde in den 1930er Jahren an die NSDAP verkauft, die dort 1934 eine Gauführerschule etablierte. Nachdem im Sommer 1935 der Sorenremen als Wohnstraße überplant wurde zog ein älte- res Ehepaar Hansen in die ver- wahrloste Villa ein, umzäunte
Ausdruckstark
die feierlich-farbigen Betonglasfenstern von Hanno Edelmann
Oktober 2016 VolksdorferZeitung 15
Die Villa Westen- holz stand ohne Hecken und Zäune, verborgen vom Wald, inmitten der feuchten Wildnis.


































































































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