Page 16 - Volksdorfer Zeitung Oktober 2016
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Mit ihrem
symbolhaften Zeltbau
„für das wandernde
Gottesvolk“ traf die
junge Architektin
genau den Zeitgeist.
Brigitte Eckert
überzeugte die Entscheidungsgremien, das Preisgericht und den Kirchenvorstand
das Haus und p anzte Hecken und Rhododendren an.
Die letzten Nachkommen der Familie Westenholz, Schwester und Bruder, Mathilde und Al- bert, starben beide 1940. Die jüngste Maetzel-Tochter Mo- nika, die noch bis 2010 in der Nachbarschaft ihre Keramik- werkstatt unterhielt, erzähl- te, der letzte Westenholz sei in Groß-Hansdorf ermordet wor- den. Andere Zeugnisse berich- ten von Selbstmord. Seltsam bleibt, dass auch Alberts ältere Schwester 1940 gestorben ist.
Nach den  ächendeckenden Bombenangriffen von 1943 wies das Wohnungsamt der Stadt Hamburg zeitweise sie- ben Familien in das verwahr- loste Landhaus am Sorenremen ein. 1954 bezog das junge Ehe- paar Hinsch eine abgetrennte Zweieinhalb-Zimmer Wohnung im ersten Stock.
50er Jahre Verkauf des Grundstücks an die Kirche
Nach dem Tod der Witwe Han- sen verkauften deren Kinder das Grundstück an die Kirchen- gemeinde, die hier ihr neu- es Gemeindezentrum plante. Bis zu dessen Verwirklichung 1962 stellte die Kirche für die Jugendarbeit vor Ort eine Ge- meindepädagogin ein. Sie wohnte im ehemaligen Wirt- schaftstrakt der Westenholz- Villa. Wie der Heimatforscher Heinz Waldschläger im Wald-
horn (Ausgabe 11/ 2005) über- liefert hat, betreute die Jugend- leiterin „nachmittags viele Kin- der in Jugendscharstunden“. Abends versammelten sich Ju- gendliche und junge Erwach- sene am Sorenremen. „Bemer- kenswert ist, dass sich eine Gruppe von Jungen im Alter von 15 bis 17 Jahren recht wohl in unserem Haus fühlte“, er- wähnt die Jugendleiterin. „Es mögen etwa 40 an der Zahl ge- wesen sein, die jeden Donners- tag zu unseren Gruppenaben- den kamen. Sehr beliebt war die Halle mit dem Kamin. Hier brannte oft ein Feuer und bei Gitarrenklängen wurde viel ge- sungen, vorgelesen und auch gespielt. Im Keller versammel- ten sich 5 bis 6 Jungen, etwa um die 16 Jahre alt, die laut und inbrünstig Musik machten und den damals berühmt ge- wordenen Beatles nacheifer- ten. Regelmäßig konnten wir Jugendliche aus den Nachbar- gemeinden einladen, es war ge- nug Platz vorhanden. Diese ge- meinsamen Begegnungsaben- de bereicherten unser Gemein- deleben.“
1968 musste die Pädagogin ausziehen. Der damalige Kir- chenvorstand beschloss, die ehemalige Westenholz-Villa ab- zureißen, um Platz für die Kir- che St. Gabriel zu schaffen. Ein Gemeindezentrum und das Pastorenhaus waren nebenan schon 1962 eingeweiht worden.
Mit 140 Unterschriften der Bewohner am Sorenremen ver- suchten diese, den Kirchen- bau zu verhindern, um das alte Haus und die Ruhe ihrer Straße zu bewahren. Laut Hamburger Abendblatt und BILD-Zeitung vom 28. Dezember 1966 klag- te ein Ehepaar vor dem Ver- waltungsgericht gegen den ge- planten Bau. Als Gründe wur- den Störungen durch das Glo- ckengeläut, Parkplatzsuche, die Enge der Sackstraße und die Nähe des Naturschutzge- biets genannt.
1966 Anwohnerproteste gegen den Kirchenbau
Am begrenzten Wettbewerb um den Bau der neuen Kirche nah- men drei Architekten teil: der Baumeister des bereits 1962 be- zogenen Gemeinde- und Pas- torenhauses, Otto Andersen, der renommierte Kirchenspe- zialist Gerhard Langmaack und die junge Volksdorferin Brigit- te Eckert, spätere (zweite) Ehe- frau des erfolgreichen Kirchen- musikdirektors und Komponis- ten Ortwin von Holst. Die bei- den Entscheidungsgremien, das Preisgericht und der Kir- chenvorstand, kamen unab- hängig von einander zum sel- ben Ergebnis: Mit ihrem sym- bolhaften Zeltbau „für das wan- dernde Gottesvolk“ traf die junge Architektin genau den Zeitgeist. Nach nur 13 Mona- ten fügte sich das zweiteilige
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1800 Pfeifen: Orgel aus der Berliner Orgelwerk- statt Karl Schuke


































































































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