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Ratgeber
Menschen mit einem Growth Mindset da- gegen sehen sich als veränderliches Produkt ihrer Kontexte und Beziehungen. Sie glauben jederzeit daran, sich selbst ändern zu können. Sie lernen gern. Sie freuen sich über Feed- back, weil sie daran wachsen können. Sie sind daran gewöhnt, sich selbst immer wieder neu zu überdenken. Und so sehen sie auch ande- re: als prinzipiell entwicklungsfähig.
Lernen allein bringt keine Veränderung
Für die alte Arbeitswelt war ein Fixed Mindset – beziehungsweise eines, das sich vor allem an den Gruppenkonventionen, an „richtig oder falsch“ ausrichtet hat – in vielen Positio- nen förderlich. In der neuen Arbeitswelt wird es zum Hemmschuh. Deshalb ist bedenk- lich, was die Leadership-Forscher William Torbert und David Rooke in einer Studie herausgefunden haben: Demnach stecken 15 Prozent der Fach- und Führungskräfte im Wir-Modus fest, 38 Prozent befinden sich im Richtig-Modus, 30 Prozent richten sich an Effektivität aus und bloß etwa 15 Prozent denken dynamisch und flexibel. Das Denken vieler Fach- und Führungskräfte passt also nicht mehr zu den Herausforderungen ihres Umfeldes. Nötig wäre demnach ein Mind- set-Shift. Doch geht das überhaupt? Lässt sich eine andere Art zu denken, lernen?
Die schlechte Nachricht lautet: nein. Denn Lernen bedeutet, neues Wissen aufzuneh- men. Deswegen ändert sich das Schema der eigenen Wahrnehmung und die Art und Weise, wie die aufgenommenen Informatio- nen interpretiert werden, noch lange nicht. Die gute Nachricht dagegen lautet: Ent- wicklung des Denkens ist durchaus möglich. Denn Entwicklung bedeutet mehr, als neue
Inhalte downzuloaden. Es heißt, dass sich das Schema verändert. Dass der Mensch also auf neue Art wahrnimmt und Informatio- nen einordnet. Bleibt die Frage: Über welche Entwicklungsschritte lässt sich das Schema verändern? Wie funktioniert also ein Update des Mindsets?
Den Stillstand im Kopf stoppen
Es funktioniert auf jeden Fall nicht von heute auf morgen, sondern kann sich nur in kleinen Schritten vollziehen. Trotzdem lassen sich bestimmte Weichen stellen, die dabei helfen, den Denkmodus in neue Bahnen zu leiten. Das Training der Selbstwahrnehmung ist zum Beispiel ein erster wichtiger Schritt.
Viele Führungskräfte sind es nicht gewohnt, reflektierend tief in sich selbst zu schauen – eben weil sie, vor allem wenn sie „Rich- tig-Denker“ sind, ständig nach Lösungen von außen suchen. Dabei wäre es wichtig, sich zum Beispiel zu fragen: Was nehme ich in mir wahr, auch an Widersprüchen? Was höre und fühle ich? Welche Bedürfnisse habe ich? Dies kann helfen, sich daran zu gewöhnen, stärker aus sich selbst zu schöpfen, statt nach Lösungen von außen zu suchen. Und es hilft, sich selbst stärker als Prozess, also als veränderbar zu erfah- ren – und somit lockerer damit umgehen zu können, manchmal vielleicht keine Lösung zur Hand zu haben. Je mehr wir unsere eige- ne Unvollkommenheit als Normalzustand anerkennen, umso stärker sind wir in der Lage, einfach einmal auszuprobieren. Re- flexion kann sowohl auf der Einzelebene als auch in Gruppen stattfinden, am besten auf beiden Ebenen. Ihr Ziel kann auch sein, sich bewusst die Zeit zu nehmen, eigene und an-
derer Menschen Perspektiven zu erforschen und vermeintliche Wahrheiten und Wirk- lichkeit zu hinterfragen.
Flexibles Denken mit
Grundannahmen
Der nächste Schritt ist denn auch die Selbst- kenntnis. Dazu gehört, zu verstehen, welchen Grundannahmen man folgt, woran man glaubt, was einen anleitet. Ja, richtig gelesen: Obwohl es darum geht, flexibler im Denken zu werden, ist es wichtig, Grundannahmen zu haben. Mehr noch: Seine Grundannah- men sollte man ganz bewusst formulieren. Denn Grundannahmen bilden die Basis der eigenen Haltung, und Haltung ist sehr wich- tig. Sie ist nicht mit Meinung zu verwechseln. Haltung meint vielmehr die Fähigkeit, sich in seinem Denken und Handeln an höheren – eigenen – Prinzipien zu orientieren – statt an Vorgaben und Vorlagen anderer. Wer kei- ne Haltung hat, wer sich also nicht über sein Basis-Verständnis von der Welt klar gewor- den ist (man könnte auch sagen: über seine ureigene Interpretation des Seins), der ist ständig in der Gefahr, sich Dinge aufschwat- zen zu lassen und anderen hinterherzuhe- cheln, statt aus sich selbst zu schöpfen. Hal- tung ist deshalb eine wichtige Voraussetzung für Dynamik im Denken.
Doch Achtung: Gleichzeitig sollte man stets bereit sein, die eigenen Grundannahmen zu prüfen – und sie notfalls zu revidieren. Hilf- reich können dabei vier einfache Fragen sein, die die US-amerikanische Autorin Byron Ka- tie („The Work“) ursprünglich entwickelt hat, um psychisch Leidenden aus ihren kontra- produktiven Überzeugungen herauszuhelfen: Ist das wahr?
10 StartupRegional.de01/2019