Page 2 - Themenraum Aufgabenkultur ebook
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AUFGABEN BESTIMMEN DIE LEHR- UND LERNKULTUR.
               Aufgaben sind der Ausgangspunkt für die Unterrichtsarbeit. Die Auswahl, die Gestaltung und die Durchführung
               von Aufgabenbeispielen sind entscheidend für das Lernen an und für sich und auch für die Lernergebnisse. Man
               könnte sie auch als das Herzstück von/für/als Lernen bezeichnen (Earl, 2013).

               In den Bildungsstandards sind Kompetenzen festgelegt. Einen Hinweis darauf, wie die geforderte Kompetenz
               sichtbar gemacht werden kann, geben uns kompetenz- und handlungsorientierte Aufgaben, sogenannte BiSt-
               Aufgaben.

               Wenn man kompetenzorientierte Aufgaben analysiert und/oder selbst erstellt, hilft dabei die Orientierung an
               folgenden, für kompetenzorientierte Aufgaben typischen Merkmalen:

                      Die Aufgabe macht das Zielbild sichtbar (und damit beurteilbar).
                      Die Aufgabe soll situiert sein, damit sie eine Handlung auslöst.
                      Die Aufgabe ist glaubwürdig, damit sie die Lebenserfahrungen und das Weltwissen der Lernenden
                      mobilisiert.
                      Die Aufgabe ist herausfordernd und stellt Anspruch auf Handlung.

               Diese Art der Aufgabenstellung wird im Lerndesign als „authentische Leistungsaufgabe“ bezeichnet. Eine
               konkrete Aufgabe zu einer relevanten Sache stößt eine authentische Interaktion mit der Welt an, in der die
               Lernenden ihre Kompetenz entwickeln. Sie sind als Praktikerinnen und Praktiker mittendrin in der Praxis der
               Sache (in welchem Fach auch immer) positioniert: Je stärker schulische Lernprozesse auf die lebensweltliche
               Praxis bezogen werden, in welcher Menschen die erzielte Kompetenz tatsächlich brauchen, desto mehr
               Erfahrung als wirkmächtigen Anwendenden können sie im Unterricht machen. Crawford bringt es auf dem
               Punkt: “Practical know-how is always tied to the experience of a particular person. It can’t be downloaded, it
               can only be lived” (2009, S. 162; vgl. auch Keller & Westfall-Greiter, 2014).

               Daher werden die gleiche(n) Aufgabe(n) allen gestellt, ob als Lern- oder Leistungsaufgabe. Während die
               Aufgabenstellung gleich bleibt, hängt der Zweck der Leistung von der Beurteilungsfunktion ab. Aufgaben, die
               dem Lernen und Üben dienen, dienen auch zugleich der kontinuierlichen Lernstandserhebung, damit
               förderliche Rückmeldung gegeben werden kann und je nach Bedarf auch Differenzierungsmaßnahmen
               strategisch gesetzt werden können. Aufgaben, die der summativen Leistungsfestsstellung dienen, werden als
               Beleg für die aktuelle Kompetenz aufgezeichnet.

               Thonhauser (2008, S. 13ff) teilt Aufgaben in zwei Großgruppen: vor Aufgaben bestehen - Prüfungen;
               an Aufgaben lernen - Lernaufgaben. Beides ist wichtig im Unterricht.
               Auch Christian Wiesner et al. (2007 - https://www.bifie.at/aufgabenkultur/ ) betonen diese Unterscheidung.

                   Aufgabentyp            Testitems           Prüfungsaufgaben          Lernaufgaben
                Basis                                         Kompetenzmodell
                Einsatz            kompetenzbezogenes      kompetenzbezogenes      kompetenzbezogenes
                                   Testen in der IKM oder   Prüfen im Unterricht als   Unterrichten
                                   Standardüberprüfung     Lernerfolgskontrolle
                Merkmale           in eine Atmosphäre des   in eine Atmosphäre des   in eine Atmosphäre des
                                   Überprüfens und der     Prüfens eingebettet     Lernens eingebettet
                                   pädagogischen Diagnose   dienen dem Nachweis von   wecken Neugier und
                                   eingebettet
                                                           (Teil-) Kompetenzen     Interesse bzw. regen z. B.
                                   dienen der Diagnose bzw.                        Erinnern, Üben,
                                                           bestehen oftmals aus
                                   dem eindimensionalen                            Analysieren, Erkunden,
                                                           Kompetenzbündeln
                                   Nachweis von (Teil-)                            Erproben, Entdecken,
                                   Kompetenzen             Fehler sind nachteilig bzw.   Erfinden, Abwägen oder
                                                           unerwünscht             Argumentieren an
                                   messen möglichst
                                   abgrenzbare (Teil-)
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