Page 69 - DiVin092017
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Denn das Salz entzieht dem Fett das Wasser, die Tränen bilden ei- nen glänzenden Film auf dem Butterberg. Das ganze Brett wird feucht davon und jedes Mal, wenn sich der Berg durch die Walze
schiebt, gibt es ein schmatzendes Geräusch – als würde man mit dem Rad durch den Matsch fahren. „Klingt wie Musik“, sagt Jean-Yves Bor- dier. Seine Wangen sind gerötet, auf seiner Stirn stehen Schweißperlen. Das Kneten und Wei- nen ist gut für die Butter, sie wird davon ge- schmeidig und der Geschmack wird intensiver. Aber für den, der die Berge bauen muss, ist es harte Arbeit. Bordier wischt sich mit dem Han- drücken über die Stirn. Ein letztes Mal türmt er die Butter auf, dann stellt er die Maschine ab. „Wenn die Butter weint, geht es ihr gut“, sagt er.
Jean-Yves Bordier, 62, spricht von der Butter wie von einer guten alten Freundin. Sie sind ja auch zusammen groß geworden. Seit 40 Jahren knetet, türmt und formt er sie mit seinen Händen. Mitte der 70-er Jahre hat er in den kalten Kellerräumen einer alten Meierei in Saint Malo angefangen. Auch der Ruf der Butter war damals im Keller. Es gab so viel davon, dass die EU-Länder Quoten einfüh- ren mussten, um das Überangebot einzudämmen.
„Wenn die Butter weint, geht es ihr gut“
JeTan-Yves Bordier Die Zeiten haben sich geändert, die Butter wird
seit einigen Jahren wieder von Sterne- und Hob- byköchen geadelt. Bordier hat seine Produktions- stätte in eine Halle vor der Stadt verlagert, aber er arbeitet dort noch genau so wie früher: mit viel Zeit, Milch von bretonischen Kühen und Salz aus der Bretagne. Er ist einer der letzten Butterma- cher, die noch selbst Hand anlegen. Denn man kann Butter inzwischen auch anders herstellen, schneller, moderner. Zum Beispiel, indem man das Salz nicht von Hand in die Butter einmassiert, son- dern direkt mit dem Rahm ins Butterfass gibt und das Ganze dann ein paar Stunden lang zusam- men verquirlt. Fast alle großen Molkereien arbei- ten heute so, es spart Zeit und Arbeitskräfte. Aber Bordier sagt, er will mit seiner Butter ein Stück Vergangenheit in die Gegenwart mitnehmen.
Sterne-gekrönte Küchenchefs von Hamburg bis Hongkong danken es ihm und ordern seine „Beurre Bordier“ aus der Bretagne. Manche ko- chen damit, andere servieren die Butter pur zum Brot, als Delikatesse. Und manche behaupten so- gar, es sei die beste Butter der Welt. „Jede gute Butter hat ihren eigenen Geschmack“, sagt Jean- Yves Bordier bescheiden und schneidet ein gro- ßes Stück von seiner Salzbutter ab. Er sitzt jetzt in Jeans und Baumwollpulli im Pausenraum sei-
his is because the salt removes the water from the fat, and the tears form a shiny  lm on the mound of butter. It makes the whole board damp, and each time the mound is pushed through the roller there‘s a
smacking noise — like cycling through mud. „It sounds like music,“ says Jean-Yves Bordier. His cheeks are red; there are beads of sweat on his brow. The kneading and crying is good for the but- ter: it gives it a smooth texture and intensi es its  avour. But it is hard work for the person who has to build up the mounds. Bordier wipes his fore- head with the back of his hand. He piles the butter up for one last time, then switches the machine
the salt removes the water from the fat
off. „When the butter‘s crying, it‘s happy,“ he says. Jean-Yves Bordier, 62, talks about the butter as if it‘s an old, close friend. They did grow up together, after all. He has been kneading, piling up and shaping butter with his hands for 40 ye- ars. He got started in the mid-1970s, in the cold cellars of an old dairy farm in Saint Malo. But- ter‘s reputation was also rather out in the cold. There was so much of it that EU countries had to introduce quotas to stem the surplus supply. Times have now changed: for a few years now,
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