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Mensch.Schifffahrt.Meer.
Was die Weltgemeinschaft leisten kann Entsorgung auf einem der größten atomaren Schrottplätze
Peer Schmidt-Walther
Schauplatz Mönchstraße in Stralsund vor dem Restaurant „Hansekeller“ mit Straßentischen. „Du strahlst ja immer noch!“, frotzele ich, als ich Bernd Menger und seine Frau, die Malerin Petra Feyerherd, zwischen den Gästen entdecke. „Du aber auch!“, kontert er. Wir beide haben nämlich eine gemeinsame „atomare“ Vergangenheit: er 15 Jahre in Murmansk, ich vier Wochen auf dem 75.000-PS-Nukleareisbrecher rossija, mit dem ich als erster westlicher Journalist 1990 den Nordpol erreicht habe. „Du musst mal auf ´ne Tasse Bier vorbeikommen“, lädt mich Bernd ein, um mir mehr über seinen brisanten „schrottigen“ Hintergrund zu erzählen.
Unter dem Dach seines gemütlichen Hauses höre ich Erstaunliches von dem Spezialisten und Hobbysegler mit
familiären Wurzeln in Ostpreußen und sächsischem Geburtsort Wurzen über das Projekt in Murmansk. Dafür arbei- tete der ehemalige Marinesoldat, Di- plomingenieur für Elektronik von 2004 bis 2018, nachdem er an der Universität Rostock Kybernetik und Bauwesen stu- dierte, beim VEB Geräte- und Regler- werk Teltow angestellt war und zuvor Motorenschlosser gelernt hatte. Nach der Wende und verschiedenen ande-
ren Großprojekten in der Region war er bei den Energiewerken Nord (EWN) in Lubmin beschäftigt. Danach wurde das Atomkraftwerk abgeschaltet und die EWN bot ihre Dienste an, fortan als Ent- sorgungswerk für Nuklearanlagen, sehr praktisch unter demselben Kürzel fir- mierend, das eigene AKW zu entsorgen. „Damit haben wir uns ein Know-how geschaffen“, so Menger, „womit wir das einzige Unternehmen weltweit waren, einen AKW-Rückbau unter ökonomischen Bedingungen zu leisten. Das kam uns in der Folgezeit äußerst zugute.“
Schwimmendes Zwischenlager in der Sajdabucht
28 Leinen los! 1-2/2021
Peer Schmidt-Walther mit Nordpoleis vor dem rOssija-Steven 1990
Foto: privat
Foto: psw