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Konterbande, Schmuggler und Spione Helgoland von 1807 bis 1815
Jann M. Witt
In den Jahren von 1792 bis 1815 kämpf- ten England und Frankreich in einem weltweiten Konflikt um die Vorherrschaft
in Europa, wobei sich in den mehr als 20 Kriegsjahren wie nie zuvor militäri- sche und wirtschaftliche Faktoren ver- mischten.
Bei der Betrachtung dieses erbitter- ten Ringens wird aber oftmals verges- sen, dass gerade der Nord- und Ostsee- raum als Quelle für Schiffbaugüter aller Art eine wichtige Bedeutung besaß. So war der Zugang zur Ostsee für die See- macht England eine überlebenswichtige Notwendigkeit, denn vom Holz für den Bau von Schiffen und Masten bis hin zu Hanf für Tauwerk bezog die Royal Navy den größten Teil ihres Nachschubs aus dem Ostseeraum.
So ist es kaum verwunderlich, dass auch Norddeutschland und Skandinavien in diesen Kampf mit einbezogen wurden. Bereits im Jahr 1801 hatten die Konflikte um die sogenannte „Bewaffnete Neu- tralität“, mit der sich die neutralen nord- europäischen Seefahrtsnationen gegen britische Übergriffe zu wehren versucht hatten, zu einem ersten Angriff der Royal Navy auf Kopenhagen geführt. Zwei Jahre später folgte auf die franzö- sische Besetzung des zu Großbritan- nien gehörigen Kurfürstentums Hanno- ver die englische Blockade der Elbe und
Historische Karte vom Großen Belt
Weser, wodurch besonders der Handel der Hansestädte Hamburg und Bremen schwer getroffen wurde.
Doch vor allem die Kontinentalsperre sollte den europäischen Norden in den weltweit geführten Krieg hineinziehen
und wirtschaftlich schwer schädigen. Nach der ver- nichtenden Niederlage Preußens 1806/07 hatte Napoleon in mehreren Dekreten ein absolutes Einfuhrverbot für eng- lische Waren verhängt, wodurch das vom Außen- handel ungewöhnlich abhängige Großbritan- nien empfindlich getrof- fen wurde. Obwohl in den Jahren zwischen 1808 und 1812 der Plan Napole- ons, die Briten nicht direkt militärisch, sondern indi- rekt durch den Ruin ihrer
Wirtschaft zu besiegen, Erfolg zu haben schien, zeigte sich nach 1815, dass Eng- land als Sieger aus diesem Konflikt her- vorgehen sollte, während der europä- isch-kontinentale Handel fast völlig am Boden lag. Dies galt vor allem für Regio- nen wie den Ostseeraum, die vom Export land- und forstwirtschaftlicher Güter nach Großbritannien abhängig waren.
Die wesentliche Voraussetzung für den zeitweisen Erfolg der Kontinentalsperre war die Tatsache, dass Frankreich zwi- schen 1806 und 1812 keinen Gegner mehr auf dem Kontinent zu fürchten hatte, da auch das mit Preußen verbündete Russ- land nun den Ausgleich mit Frankreich suchte. Die beiden Mächte beschlos- sen zudem in einem Geheimabkom- men, Europa in Interessenzonen aufzu- teilen und England und seinen Handel vom Kontinent auszusperren. Dazu soll- ten auch, wenn nötig mit Gewalt, die klei- neren Mächte Dänemark, Schweden und Spanien gewonnen werden. Das bedeu-
Geschichte
Historische Ansicht von Helgoland
Leinen los! 1-2/2021 43
Foto: Archiv DMB
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