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Deutsche Marine
original verpackt, Abwasseraufbereitungs- anlagen, Lüftungsanlagen, E-Generato- ren; alles, was in so ein Schiff rein muss, was die Werft schon gekauft hat. Dieses Dock musste nun „beräumt“ werden und die schiffbaulichen Sektionen, die schon fertig waren, mussten zerlegt und verwer- tet werden. Und der Insolvenzverwalter hat ja keine Firma, also brauchte er Men- schen, die das für ihn tun. Da haben wir also gesagt, wir machen folgendes: Wir stellen diese Menschen schon in die Bundeswehr ein und stellen sie dem Insolvenzverwalter kaufpreismindernd für seine Beräumungs- pflicht zur Verfügung. So hatten wir den Benefit, dass wir sehr schnell diese Men- schen auf unsere Dienstposten bringen konnten. Der Insolvenzverwalter wiede- rum hatte eine echte Chance, die Immo- bilie im vertraglich vereinbarten Zeitrah- men zu beräumen. Das können Sie sich so vorstellen, als wenn Sie ein gebrauchtes Haus kaufen. Sie möchten ja auch, dass der Voreigentümer die Garage und das Haus leerräumt.
Aber dass Sie so schnell Facharbeiter bekamen, ist doch erstaunlich, hört man doch immer vom Fachkräftemangel. Auf den ersten Blick mag das den Anschein erwecken. Aber ich nenne Ihnen mal eine Zahl: Auf die Ausschrei- bungen dieser knapp 500 Stellen hat- ten wir über 3000 Bewerbungen inklu- sive einiger Mehrfachbewerbungen. Es waren sehr viele Menschen der ehema- ligen MV-Werften, die alle noch in einer sogenannten Transfergesellschaft oder Auffanggesellschaft beschäftigt waren, die aber wieder in Lohn und Brot woll- ten. Das ist uns auch gelungen und wir haben sehr, sehr viele dieser Menschen übernehmen können.
Und wie sieht es jetzt mit den Instand- setzungszeiten aus? Ist da schon eine „Zeitenwende“ in Sicht?
Ein Beispiel: Das Flottendienstboot alster hatten wir zu einer sogenannten außerplanmäßigen Instandsetzung in Rostock. Wir konnten sicherstellen, dass das Flottendienstboot zeitgerecht in den geplanten operativen Einsatz in die Ost- see verlegte. Ich würde mich zu folgen- der Aussage hinreißen lassen: Hätten wir es an einen zivilen Auftragnehmer geben müssen, weil wir diese Einrichtung in Ros- tock nicht gehabt hätten, dann wäre diese Instandsetzung mit einem hohen zeitli- chen Risiko behaftet gewesen.
Marinearsenal Kiel, Gebäude 94 und Sehrohrwerkstatt
Die Torpedowerkstatt des Kieler Arsenals
Alle anderen Dinge werden sich zeigen. Denn das, was wir über zehn Jahre abge- baut haben, das können wir nicht mit einem Fingerschnipsen, wenn ich es mal salopp sagen darf, so wiederherstellen, dass auf einmal alles wieder da ist und funktioniert. Wir müssen diesen neuen Standort auch sukzessive hochfahren. Dort haben wir Menschen, die bisher mit der Bundeswehr nichts zu tun hatten und Kreuzfahrtschiffe gebaut haben. Jetzt sol- len sie graue Schiffe, Kriegsschiffe, Hilfs- schiffe der Deutschen Marine instand set- zen; das ist eine ganz andere Technologie, eine ganz andere Technik. Die Packungs- dichte in den Betriebsräumen eines Kriegsschiffes ist eine ganz andere als auf einem Kreuzfahrtschiff. Also allein solche räumlichen Gegebenheiten, mit diesen Dingen müssen Sie sich erst einmal aus- einandersetzen.
Dafür haben wir uns auch einen klaren Plan hingelegt, der Plan heißt „Transitionskon- zept“, und den arbeiten wir ab. Ich stelle fest, dass wir genau im Plan liegen.
Dabei sind Sie ja als Marinearsenal nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland tätig. Wie geht das?
Die Deutsche Marine ist im Einsatz und damit ist das Marinearsenal auch im Ein- satz. Was meine ich damit: Wenn z.B. die Fregatte Bayern im Indopazifik-Deploy- ment unterwegs ist und ein Problem mit ihrer taktischen Radaranlage hat, was die Einsatzbereitschaft und Funktionalität betrifft, dann sind Mitarbeiter des Mari- nearsenals ad hoc bereit, dem Schiff hin- terherzufliegen, um dort die notwendi- gen Instandsetzungen durchzuführen.
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Foto: Susanne Krause-Weers
Foto: Susanne Krause-Weers Foto: Susanne Krause-Weers